Ausbildungsplätze bleiben leer

■ Jugendliche Kriegsflüchtlinge aus Bosnien dürfen ihre Lehrstellen nicht antreten. Innenverwaltung will keine Ausnahmeregelung erteilen. Ausländerausschuß berät

Der dicke Stempel im Paß macht das Mögliche unmöglich: Aufnahme eines Studiums oder einer sonstigen Berufsausbildung nicht gestattet. Für junge Flüchtlinge aus Bosnien bedeutet das, daß sie keine Ausbildung mehr beginnen dürfen, da ihr Aufenthalt seit Anfang Oktober nur noch als kurzfristiges Provisorium gilt. Für etwa 150 Jugendliche ist der Stempel im Paß besonders bitter. Sie haben nämlich bereits eine Lehrstellenzusage, könnten also sofort eine Ausbildung anfangen. Doch die Innenverwaltung stellt sich stur: Keine Ausnahmeregelung für Jugendliche trotz eines vorhandenen Ausbildungsplatzes.

Eine Regelung mit absurden Folgen. Ömer Uyar beispielsweise hat in seiner Baufirma zusätzlich zu sechs Azubi-Stellen eine Lehrstelle für einen 17jährigen Bosnier geschaffen. Der Architekt war selbst mehrere Male in Bosnien und sieht es als „moralische Verpflichtung“ an, jungen Flüchtlingen eine Chance zum Arbeiten zu geben. „Er nimmt keinem Deutschen eine Stelle weg und muß nicht mehr von Sozialhilfe leben“, sagt Uyar.

Gleichzeitig ist sein Engagement auch über die Ausbildungsdauer hinaus zukunftsträchtig. Uyar möchte nämlich in einigen Jahren eine Filiale seines Geschäfts in Sarajevo eröffnen. Der Bosnier, der bei Uyar zum Maurer ausgebildet werden sollte, hätte dann dort die neue Filiale leiten sollen. „Er könnte dann nicht nur seine Verwandten, sondern auch seine ganzen Freunde versorgen“, hat Uyar ausgerechnet. Seine wiederholten eindringlichen Briefe an die Ausländerbehörde und an den Innensenat waren bisher jedoch erfolglos.

Ebenso verärgert ist der Szenefriseur Mike Barber in der Crellestraße über die unsinnigen Bestimmungen der Behörden. Denn auch er wollte eine junge bosnische Frau zur Friseurin ausbilden – vergebens. „Sie ist sehr aufgeweckt und viel motivierter und freundlicher als viele deutsche Azubis“, sagt er. Er hätte die 17jährige sogar nach der Ausbildungszeit übernommen.

Obwohl Ömer Uyar und Mike Baber genau die Voraussetzungen schaffen, die es bosnischen Flüchtlingen ermöglicht, „ihr Land wieder aufzubauen“, rückt die CDU keinen Zentimeter von ihrer Position ab. Denn eine Ausbildung, so deren ausländerpolitischer Sprecher Roland Gewalt, würde zu lange dauern. „Eine dadurch möglicherweise verspätete Rückführung wird von der CDU keinesfalls unterstützt.“

Gäbe es tatsächlich eine Sonderreglung für die 150 Jugendlichen, dann wollten noch „viele weitere“ Jugendliche bleiben. Gewalt billigt bosnischen Jugendlichen „allenfalls sehr kurze“ Lehrgänge zu. Konkrete Planungen dazu gebe es jedoch bisher nicht.

Im Ausländer- und im Arbeitsausschuß des Abgeordnetenhaus wird heute auf Antrag der Bündnisgrünen über die beruflichen Perspektiven der jungen Bosnier diskutiert. Julia Naumann