■ Mit Wirtschaftskriminalität auf du und du
: Wie der Bundeshaushalt

Frankfurt (taz) – Durch Öffentlichkeitsarbeit auf die Gefahren hinzuweisen, die von Wirtschaftskriminalität ausgehen, und auf die von ihr für die Volkswirtschaft verursachten Kosten – das ist die Aufgabe, die sich der Soziologe Hans See und der Kriminaldirektor a.D. Dieter Schenk gestellt haben. Vor fünf Jahren gründeten sie Business Crime Control (BCC).

Rund 200 Milliarden Mark jährlich würden dem Staat und damit der Allgemeinheit allein durch die „von den Banken organisierte Steuerhinterziehung“ verlorengehen, sagte See auf einer Pressekonferenz seiner Organisation in Frankfurt. Nicht eingerechnet der volkswirtschaftliche Schaden, der durch Anlagebetrügereien im großen Stil, Korruption, organisierte Wirtschaftsverbrechen und Umweltverbrechen zu konstatieren sei.

Das Volumen des monetären Schadens durch wirtschaftskriminelle Aktivitäten habe längst die Dimensionen des Bundeshaushalts erreicht. Und Wirtschaftskriminalität werde auch noch staatlich subventioniert: „Die Schmiergelder für Beamte, Diktatoren und Geschäftsleute im Ausland dürfen nach Bonner Recht von der Steuer abgesetzt werden.“

See und Schenk sind davon überzeugt, daß innere Sicherheit, Sozialstaat und Demokratie in Deutschland von oben, von den Chefetagen her, bedroht sind – und nicht von unten. „Es entsteht ein falsches Bild, wenn einseitig die ,Sozial- Schmarotzer‘ angeprangert werden, die angeblich bis zu zwei Milliarden Mark Schaden im Jahr verursachen“, heißt es im Reader zum ersten BCC- Kongreß, der unter dem Titel „Wirtschaftskriminalität – Angriff auf Sozialstaat und Demokratie“ am Wochenende in Frankfurt am Main stattfindet.

Die Antworten auf zwei Fragen sollen eruiert werden: „Was hat Wirtschaftskiminalität mit den leeren Staats- und Sozialkassen, mit Massenarbeitslosigkeit, Armut, Unterentwicklung, Bedrohung des Friedens und der Natur zu tun?“ und „Welche Strategien gegen Wirtschaftskriminalität versprechen mehr Erfolg: mehr Polizeistaat oder mehr Demokratie?“ Klaus-Peter Klingelschmitt