piwik no script img

Rot-rot-grüne Hochschulpolitik

■ SPD stimmt mit der Opposition gegen CDU-Koalitionspartner. Die Technische Uni weiß am besten, wie sie ohne Studienplatzabbau 11 Millionen Mark sparen kann

Das Abgeordnetenhaus hat Erich Thies (CDU) auf die Finger geklopft. Der Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung solle es bleiben lassen, sich in die inneren Angelegenheiten der Technischen Universität (TU) einzumischen. So liest sich ein Beschluß, den die rot-rot-grüne Mehrheit aus SPD, PDS und Grünen im Wissenschaftsausschuß gestern fällte.

Die CDU mühte sich vergeblich, den sozialdemokratischen Flirt mit der Opposition abzuwenden. Die Hochschulpolitiker links von der CDU argumentierten einhellig – gegen die Senatsverwaltung für Wissenschaft. Benjamin Hoff (PDS) beklagte deren „dirigistische Politik gegen die TU“, die grüne Sybille Volkholz warf Staatssekretär Thies vor, „das Studienangebot persönlich sortieren zu wollen“. Und der Sozialdemokrat und Vorsitzende des Ausschusses, Christian Gaebler, lobte demonstrativ die TU und ihre Sparvorschläge.

Ursache für die rot-rot-grüne Einheitsfront waren die Kürzungen, die der Senat der Uni im Frühjahr verordnete hatte: 11,3 Millionen Mark sollte die TU einsparen – durch Schließung der Fächer Anglistik und Romanistik. Die TU hielt sich aber an die gleichzeitige dringende Aufforderung, eigene Sparvorschläge zu unterbreiten. Sie schlug vor, lieber an der Miete statt an den Studienplätzen für Englisch- und FranzösischstudentInnen zu sparen. Das Gros des Ausschusses fand das überzeugend und unterstützte die alternativen Kürzungsvorschläge. Der Alternativvorschlag hat einiges für sich: Die Uni kann damit tatsächlich knapp 12 Millionen Mark bis zum Jahr 2003 einsparen. Das Senatskonzept hingegen greife nicht, errechneten Hochschulplaner der TU. Erst 2017 würden Einsparungen in der geforderten Höhe frei. Dennoch hielt Wissenschaftsstaatsekretär Thies nicht seinen, sondern den Kürzungsplan der Universität für „unverantwortbar“. Der gestrige Beschluß ist für ihn nicht bindend.

Die Oppositionsbank nutzte den Fall, die Hochschulpolitik der Union zu kritisieren. „Jedes Mitglied eines Uni-Gremiums muß sich doch bescheuert vorkommen“, sagte Volkholz, „wenn sie deren Beschlüsse mit einem Federstrich wegwischen.“ Die CDU solle sich entscheiden: „Entweder sie diktieren die Bedingungen oder sie bieten Verträge an.“ Zusammen mit Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) hatten die CDU-Hochschulpolitiker den Unis erst vor wenigen Tagen ein „Reformpaket“ angeboten. Darin wird finanziellen und administrativen Eingriffen durch den Senat eine Absage erteilt.

Wie es um solche Reformen bestellt ist, zeigte sich gestern, als der „heimliche Chef“ der TU zu Wort kam. Unverblümt äußerte sich der Beamte Ness aus der Wissenschaftsverwaltung, als ihn sein Staatssekretär aufrief, zu den Chancen der TU-eigenen Vorschläge: „Da haben wir gesagt, das darf nicht sein.“ Christian Füller

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen