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Mindestens ein Jahr Haft für Handel mit Ecstasy

■ Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs: Designerdroge ist gefährlicher als Haschisch. Schon bei Handel mit mehr als 500 Pillen droht verschärfte Strafe

Karlsruhe (AP/AFP/dpa) – Schon der Handel mit 500 Ecstasy- Tabletten kann ausreichen, um mindestens ein Jahr Haftstrafe zu riskieren. Etwa 500 dieser vorwiegend in Diskotheken angebotenen Aufputschmittel sind nach einer gestern mitgeteilten Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe eine „nicht geringe Menge“, die nach dem Betäubungsmittelgesetz mit mindestens einem, höchstens fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet wird. Die Strafe droht denen, die Ectasy herstellen, damit handeln und die Droge ein- oder ausführen.

Die Bundesrichter bewerteten die „nicht geringe Menge“ mit 30 Gramm MDE-Base, was etwa 500 Tabletten entspricht. Je nach Wirkstoffgehalt kann diese Dosis aber auch in mehr oder weniger Tabletten enthalten sein. Wegen der sehr unterschiedlichen Dosierung legte sich der BGH nicht auf eine genaue Tablettenzahl fest. Ecstasy-Tabletten werden in zunehmendem Maße vor allem in der Techno-Szene vertrieben und konsumiert und können zu psychischer Abhängigkeit führen.

Der BGH bestätigte damit ein Urteil des Landgerichts Mönchengladbach. Es hatte einen Dealer wegen mehrerer Fälle unerlaubten Handels mit insgesamt 67.000 Ecstasy-Tabletten zu fünf Jahren Haft verurteilt. Dagegen hatten der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt.

Der BGH nutzte nun die Gelegenheit, nach den bereits festgelegten Grenzwerten für „nicht geringe Mengen“ von Heroin, Morphin, Kokain, Amphetamin, LSD und Haschisch nun auch die Untergrenze für den Ecstasy-Wirkstoff MDE-Base – eine von Amphetamin abgeleitete chemische Verbindung – festzulegen. Diese Verbindung ist nach den Feststellungen des Urteils annähernd so gefährlich wie Amphetamin und deutlich gefährlicher als Haschisch. MDE gehört neben den noch gefährlicheren Wirkstoffen MDA und MDMA zu den am häufigsten vorkommenden Inhaltsstoffen der Ecstasy-Tabletten. Diese seien wegen der Gefahr von Hirnblutungen und Kreislaufzusammenbrüchen für Personen mit Bluthochdruck oder Herz- und Kreislaufschwäche besonders gefährlich, hieß es in der Urteilsfeststellung. Im Jahr 1995 wurden in Deutschland 18 Todesfälle im Zusammenhang mit Ecstasy-Konsum registriert.

Ecstasy wird vor allem bei Rave-Parties als Stimulans zur Stimmungsaufhellung und Leistungssteigerung eingenommen. Körperliche Warnsignale wie Schmerzen, Schwindel, Durst, Unwohlsein oder Erschöpfung werden mit Hilfe der Droge unterdrückt. Herz- und Kreislaufversagen, Fieber- und Schockzustände, aber auch Herzrhythmusstörungen und Krämpfe können die Folge sein. Auch Leberversagen ist schon registriert worden (Az.: Bundesgerichtshof 3 StR 220/96).

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