: Keine Lastwagen auf dem Boulevard
■ Martinistraße: Schulte will breite Bürgersteige und vier schmale Autospuren, Perschau blockt
Bausenator Bernt Schulte (CDU) will den großen Koalitions-Kompromiß endlich umsetzen. Aus der Rennstrecke Martinistraße soll ein Boulevard werden. Gleichzeitig will Schulte aber auch den Autoverkehr vierspurig rollen lassen, allerdings auf schmaleren Fahrstreifen. Für den Umbau der Straße vom Tunnel unter Balgenbrückstraße bis zur Brillkreuzung, der möglichst im nächsten Frühjahr beginnen soll, braucht Schulte zehn bis 15 Millionen Mark.
Das Geld soll Schultes Parteifreund Wirtschaftssenator Hartmut Perschau aus dem Wirtschaftspolitischen Aktionsprogramm (WAP) herausgeben. Doch das Wirtschaftsressort blockiert bislang die Pläne Schultes, obwohl die Baupolitiker aus CDU und SPD das Kompromiß-Konzept unterstützen und „Boulevard Martinistraße“ in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben ist. Das Wirtschaftsressort und einige Hardliner in der CDU-Fraktion wollen die Martinistraße aber für den LKW-Verkehr offen halten.
An dieser Haltung war schon das von Schultes Beamten ausgearbeitete LKW-Führungssystem, das den Schwerverkehr auf bestimmte Straßen konzentrieren soll, vorläufig gescheitert. Denn die schmalen Spuren wären zu eng für zwei nebeneinander fahrende LKWs. Wie es hieß, hält man aber im Hause Perschau eine Ausweichstrecke für Lastwagen zur Autobahn für notwendig. Auch ein Gespräch Schultes mit dem zuständigen Abteilungsleiter brachte keine Klärung. Offiziell hält man sich aber bedeckt: „Wir haben noch keine Vorlage“, sagte Perschaus Sprecherin Susanne de Navarre.
Das Bauressort plant dem Vernehmen nach, die 25 bis 29 Meter breite Straße mit jeweils sechs Meter breiten Bürgersteigen zu versehen und Bäume zu pflanzen, um Spaziergängern Raum zum flanieren zu geben. Die Fahrspuren könnten dann nur noch etwa sechs Meter in jeder Richtung breit sein. Im Moment, so hieß es, streiten Bauressort und Wirtschaftsbehörde um jeden Zentimeter Spurbreite.
Der baupolitische Sprecher der SPD, Carlo Schreiber, verweist auf die in der Planung enthaltene Möglichkeit, später einmal eine Straßenbahnlinie durch die Martinistraße zu führen. Die Grünen lehnen den Kompromiß ab, weil die Martinistraße mit vierspurigem Autoverkehr eine Barriere von der City zur Weser hin bleibe. „Das wäre pure Geldverschwendung“, sagt der Grüne Dieter Mützelburg. Auch im Bauressort wird eingeräumt, daß der Umbau nicht sogleich Käufermassen in die Martinistraße locken würde, zumal ein entsprechendes Einzelhandels-Angebot fehlt. In den wenigen anliegenden Geschäften hat man noch nichts von den neuen Planungen gehört. Dabei will Schulte dem Handel doch Planungssicherheit geben, um Investitionen in attraktive Ladengeschäfte und Restaurants zu ermöglichen.
Kritiker möchten den Umbau nicht am Brill haltmachen lassen, um nicht die Faulenstraße und damit die nördliche Innenstadt abzukoppeln. Ein Vorschlag der Baubehörde, eine Linksabbiegespur zum Parkhaus Diepenau einzurichten, wurde in der Baudeputation blockiert. „Wir brauchen nicht nur eine verkehrsmäßige Lösung für diesen Bereich“, so SPD-Mann Schreiber.
Die Stadt ist in Sachen Martinistraße eine Geisel früherer Entscheidungen. Allen ist klar: der bestehende Straßenzug schneidet die City vom Fluß ab. Darum wollte die Ampel-Koalition die Straße zweispurig machen und breite Fahrradwege anlegen. Auch über eine Fußgängerzone mit darunterliegendem Tunnel wurde diskutiert. Denn die Schlachte wird für 34 Millionen Mark zum Weser-Boulevard umgestaltet, erste Kneipen und Restaurants haben sich angesiedelt. Auch der Durchgang von City zur Teerhofbrücke ist nach langem Feilschen mit dem privaten Grundstückseigentümer freigekämpft. jof
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