: Bremer Tanzherbst ganz heiß
■ 8. Bremer Festival mit internationalen Highlights / Keine Berührungsängste zwischen angstellten und freien TänzerInnen
Zwölf Hände flattern, zappeln, halten etwas Imaginäres fest, lassen es fliegen, beschützen es zärtlich, lassen es weiterwandern. Zwölf Hände, die sich berühren oder abwehren, suchen und finden. „da zwischen“ heißt die Produktion der Bremer Tänzerin und Choreographin Gitta Barthel. Uraufgeführt wird es im 8. Bremer Tanzherbst, der vom 1.-10. November stattfindet. „da zwischen–meint die Zwischenräume des Lebens. Es ist, wie wenn man einen Fluß überquert, das alte Ufer verläßt und das neue noch nicht in Sicht ist. In diesem Moment zwischen Zerbrechlichkeit und Stärke geschieht Veränderung“, erklärt Gitta Barthel.
Verändert hat sich auch das Tanzfestival: Seine bescheidenen Anfänge nahm es im „Impuls-Zentrum für Gesundheit und Tanz“, als Veranstaltung mit Werkschau-Charakter und mit minimaler öffentlicher Förderung. In diesem Jahr ermöglichen Finanzspritzen des Kultur- und Wirtschaftsressorts sowie Sponsoren wie Jacobs Suchard ein internationales Programm, das die „Gesellschaft Tanz Bremen“ gestern stolz präsentierte. Eröffnet wird der Tanzherbst mit einem zweitägigen Gastspiel des bekannten „Alvin Ailey American Dance Theater“ aus New York. Der 1989 gestorbene schwarze Tänzer und Choreograph Ailey gilt als Vater des modernen Tanzes, sein Theater zählt weltweit zu den wichtigsten Ensembles. Alvin Ailey, der sich aus ärmlichen Verhältnissen herausgetanzt hatte, hat seine Erfahrungen in Musik und Choreographie. „Für mich ist ein Tänzer mehr als die Summe der Musik. Da muß Leidenschaft sein, und die Tänzer müssen diese Leidenschaft tanzen“, sagte er einmal.
Eine deutsche Uraufführung in Bremen ist sein Stück „Revelations“ (1960), das die Sehnsucht nach Erlösung von der Unterdrückung ausdrückt. Eine andere Besonderheit im diesjährigen Tanzherbst zeigt sich in der Kooperation zwischen dem Bremer Tanzthater von Susanne Linke/Urs Dietrich und allen freien TänzerInnen. Alte Berührungsängste scheinen überwunden. Susanne Linke präsentiert mit „Heiße Luft“ (Uraufführung) und „Frauenballett“ Frauen-Geschichten, die aus meterlangen Stoffen entstehen. Eine Aufführung der besonderen Art ist die Tanzrundtour „Short Act Travel“: An unkonventionellen Orten inszenieren TänzerInnen aus der freien Tanzszene experiementelle Stücke. Die BesucherInnen werden mit Bussen von Ort zu Ort gefahren. „Wir Freien haben keine festen Proberäume. Aber gerade das fordert unsere Flexibilität, auch im Erkunden und Ausloten von tänzerischen Möglichkeiten in ungewöhnlichen Räumen“, beschreibt Birgit Freitag das Konzept. Darüberhinaus bietet das umfangreiche Festival-Programm offene Trainings, Workshops und Diskussionen zu einzelnen Veranstaltungen. Die VeranstalterInnen „laden Profis und Besucher zu einer aktiven Teilnahme ein.“ Beate Hoffmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen