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Trotz Migräne in Abschiebehaft

■ Ausländerbehörde hält Jordanier in Abschiebegewahrsam fest

Wenn im Oslebshauser Abschiebegewahrsam früh morgens auch der letzte Häftling zur Ruhe gekommen ist, kann Cemal S. kaum schlafen. In seinem Kopf geht es zu wie auf einer Großbaustelle: Ununterbrochen wummert, klopft und hämmert es. Cemal S. leidet seit Jahren unter starken Migräneanfällen. Das hat ein ärztliches Attest bestätigt. Geholfen hat es dem 50jährigen Jordanier nicht: Er ist seit dem 8. August in Abschiebehaft. Draußen sitzt die Ehefrau; über ihren Asylantrag wurde noch nicht entschieden. „Das ist aber nur einer von vielen Gründen, warum Cemal S. nicht abgeschoben werden kann – und folglich auch nicht in Haft sitzen dürfte“, sagt sein Anwalt Hans Meyer-Mews.

Schon einmal wurde die Haftverschonung seines Klienten abgelehnt. Deshalb hat der Anwalt jetzt erneut Widerspruch gegen die Haft eingelegt. Solange quält sich Cemal S. weiter, denn womit sich MigränepatientInnen Erleichterung verschaffen: frische Luft, Ruhe und Entspannung, sind in Haft schwer zu haben. Und Medikamente? Auf diese Frage gibt Cemal S. die Antwort jedes fortgeschrittenen Schmerzpatienten: „Was soll ich denn noch nehmen? Mein Magen tut so weh.“

Cemals S.'s Anwalt ist sauer: „Das Ausländeramt weiß von früheren Abschiebefällen, daß Abschiebungen nach Jordanien innerhalb von drei Monaten so gut wie nicht zu bewerkstelligen sind.“ Das habe ein Vertreter des Ausländeramtes beim Haftprüfungstermin vor Gericht sogar zugegeben. „Aber als wir darauf bestanden haben, diese Aussage ins Protokoll aufzunehmen, wurde sie nachgebessert.“

„Mit Formulierungen ist das so eine Sache“, sagt dazu der Leiter der Bremer Ausländerbehörde, Dieter Trappmann. Er jedenfalls gehe davon aus, daß eine Abschiebung nach Jordanien innerhalb von drei Monaten möglich sei – vorausgesetzt der ausreisepflichtige Jordanier unterschreibe endlich den Antrag für die Paßbeschaffung bei seiner Botschaft. „Solange behalten wir ihn bei uns.“

Grundsätzlich sieht sich die Ausländerbehörde auf der richtigen Seite. „Der Mann hatte versucht, uns mit einem gefälschten belgischen Paß zu beschubsen.“ „Aus Furcht vor Verfolgung sei Cemal S. nach Ablehnung seines Asylverfahrens unter falschem Namen nach Jordanien ausgereist und habe dort seine jetzige Frau geheiratet, hält der Anwalt dagegen.

Auch die Migräne sei kein Grund für Haftverschonung, meint das Ausländeramt. „Schließlich haben die Gerichte die Haftverschonung geprüft und abgelehnt.“ Ohne eine Befreiung durch das Gericht sieht Trappmann für Cemal S. nur einen – unsicheren – Weg aus der Haft: Erst wenn er unterschreibt, den Paß für die eigene Abschiebung zu beantragen, und erst wenn der Paß innerhalb von drei Monaten dann nicht zu bekommen wäre, würde man den Sachverhalt erneut prüfen. ede

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