■ Mit Schottlands Atomklo auf du und du: Zehn Bomben im Loch
Shetland-Inseln (taz) – Die Atomanlage Dounreay liegt direkt an der schottischen Steilküste über dem Nordatlantik. Ihre Reaktoren und Wiederaufarbeitungsanlagen sorgten schon für etliche Skandale und Katastrophen. Nach Angaben eines ehemaligen Arbeiters befindet sich in einem Abfallschacht auf dem Gelände genügend hoch angereichertes Uran um zehn Atombomben herzustellen – laut der überregionalen Tageszeitung The Scotsman 147 kg hoch angereichertes Uran sowie 2,2 kg Plutonium.
Der Arbeiter, der um Anonymität gebeten hat, erklärte auf einer Pressekonferenz der Scottish National Party (SNP) am Wochenende, daß sich im Schacht, der während der 60er und 70er Jahre zur Entsorgung benutzt wurde, genügend radioaktives Material befinden würde, um große Teile Schottlands in „einer oder mehreren atomaren Explosionen zu verwüsten“.
Bezugnehmend auf einen Vorfall aus den frühen 60er Jahren, behauptete der ehemalige Dounraey-Angestellte, daß flüssiges Natrium und Kalium, das als Kühlmittel für Dounraeys Schnellen Brüter benutzt wurde, durch einen Schlauch von den Klippen ins Meer geblasen wurde. Natrium und Kalium explodiert beim Kontakt mit Wasser. Auch sei es möglich, daß sich das Kühlmittel in dem umstrittenen Schacht befindet. In diesen dringt manchmal Wasser ein. Dies würde eine Explosion erklären, die sich bereits 1977 ereignet hat.
Die Explosion hat nukleares Material weiträumig im Nordosten Schottlands verteilt. Eine verdächtig hohe Rate von Krebserkrankungen in der Region wird mit den sogenannten „Hot Spots“ in Verbindung gebracht – radioaktiv verseuchte Gebiete außerhalb Dounraeys. Über 100 solcher Flächen wurden bislang identifiziert.
Ein Sprecher der Betreibergesellschaft UKAEA bestätigte am Wochenende die genannten Mengen Urans im Schacht. Er fügte allerdings hinzu, daß die SNP, der Scotsman wie auch die BBC aus niederen Beweggründen handeln würden. Zahlreiche Dokumente seien als „vertraulich“ oder „nicht zur Veröffentlichung“ gekennzeichnet gewesen. Derzeit ist der Schacht versiegelt, doch bedingt durch seine Nähe zum Meer dringt beständig Wasser ein. Dounraey ist gegenwärtig auf der Suche nach einem Konzept zur langfristigen Lösung des Problems. Hans-Jürgen Marter
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