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Wie das Land den Vulkan regierte

■ Mit Hilfe der landeseigenen Beteiligungsgesellschaft Hibeg wurde verschleiert und getäuscht

Hibeg hieß die rechte Hand Bremens, mit der das Land den Vulkan regierte. Die landeseigene Hanseatische Industrie-Beteiligungs- GmbH (Hibeg) täuschte die Europäische Union, beruhigte Aktionäre und sorgte dafür, daß parlamentarische Gremien umgangen wurden. Das ergibt sich jedenfalls aus der Aussage von Klaus Geertz, Geschäftsführer der landeseigenen Hibeg, der dem Vulkan-Untersuchungsausschuß gestern Rede und Antwort stand.

Immer wenn Geld aus der Landeskasse in den Vulkan floß, wurde die Hibeg dazwischengeschaltet. Um die Wettbewerbskommissare in Brüssel zu beruhigen, wurde die Hibeg als privatwirtschaftliches Unternehmen vom Senat eingesetzt. Dabei agierte sie ausschließlich auf Weisung der Landesregierung. Als beispielsweise 1988 ein riesiges Loch in der Vulkan-Kasse klaffte, kaufte die Hibeg auf Geheiß des Landes für 256 Millionen Mark Schiffsbeteiligungen vom Vulkan. Wie bekannt, beteiligte sich der Vulkan an seinen eigenen Schiffen, um trotz hoher Produktionskosten den Preis für die Reeder auf Marktniveau zu drücken. Daß diese Schiffsbeteiligungen von der Hibeg seinerzeit viel zu teuer bezahlt worden waren, mußte auch Geertz gestern einräumen. „Das war ein Preis, den man auf dem Markt nicht hätte erzielen können.“ Es ging der Hibeg jedoch nicht darum, einen fairen Preis zu erzielen. Sie wollte vielmehr das Loch in der Kasse des Vulkans stopfen. Insofern war der Deal eine Wettbewerbsbeihilfe, was Geertz vor der Europäischen Union damals allerdings vehement bestritt. Eine Haltung, die er heute verteidigt. „Ich hatte damals die Interessen des Landes zu vertreten.“

Geertz, der 1988 hauptamtlicher Geschäftsführer der Hibeg wurde, war vorher ab 1975 im Wirtschafts- und Finanzressort tätig. In dieser Zeit war er nebenamtlicher Geschäftsführer der Hibeg. Eine Doppelfunktion, die er bis heute nicht für bedenklich hält. Schließlich hätte das Land „ein Instrument“ gebraucht, mit es seine Beschlüsse „flexibel und marktkonform“ umsetzen konnte.

Das galt für Kapitalerhöhungen, Beteiligungen, Bürgschaften und Darlehn für den Bremer Vulkan, die über die Hibeg organisiert wurden. Die Konkurrenz habe den Vulkan als „Staatswerft beschimpft“, erinnerte sich Geertz. Damit „die Nähe zum Staat gemildert“ werde, sei die Hibeg eingesetzt worden. „Nach außen hin hatte das dann halt eine andere Wirkung.“ Auch die Parlamentarier seien auf diese Weise umgangen worden. „Wissen Sie, wenn das Land die Übernahme von Beteiligungen will, muß es ja durch die Bürgerschaft. Da hatte es die Hibeg leichter.“ Einige Abgeordnete schüttelten die Köpfe.

Auch im Umgang mit Aktionären war die Hibeg geübt. Auf einer Hauptversammlung der Vulkan-Aktionäre im September 1986 stand eine Kapitalerhöhung zur Debatte. Darüber hinaus sollten die Anteile der Seebeck-Werft in Bremerhaven gekauft werden. Die Aktionäre protestierten. Die Hibeg sorgte dafür, daß die Liquiditätsengpässe der Seebeck-Werft unter den Tisch gekehrt und die Aktionäre getäuscht wurden.

„Würden Sie sagen, daß die Hibeg das herrschende Unternehmen im Bremer Vulkan war“, wollte Ludwig Hettling (AfB) wissen. Geertz schüttelte den Kopf. „Nein, wir waren immer nur treuhänderisch tätig. Wir hatten keinerlei Ermessensspielraum. Wir haben nur ausgeführt, was uns aufgetragen wurde.“ kes

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