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Angeglichen

■ betr.: „Vorwärts und nicht vergessen“, taz vom 22. 10. 96

Ich war bei der Veranstaltung im Kiezladen im Prenzlauer Berg zugegen. Die Schilderung der Beiträge der Referentinnen ist korrekt. Richtig ist auch die Feststellung, daß sowohl Renate Künast als auch Annette Simon kaum etwas zu den aktuellen Entwicklungen zwischen den Ost- und Westdeutschen sagten.

[...] Da die anschließende Diskussion etwa ein Drittel der Zeit einnahm, ist der Artikel nicht ganz vollständig, einige Redebeiträge gingen auf die derzeitigen Probleme ein. So konnte ich für 1994 für ein Jahr die Menschen vor Ort – sprich in Ost-Berlin – hautnah erleben, als ich für ein Jahr beruflich hierher abgeordnet wurde. Ich war der einzige „Westler“ in der Abteilung und hörte immer sehr interessiert meinen Kolleginnen zu, wie sie über „ihre“ Vergangenheit berichteten. Damals war das „Klima“ insgesamt sehr menschlich im Vergleich zum Westen.

Nach einem Jahr „alte Länder“ bin ich jetzt wieder hier – diesmal für länger –, und ich mußte feststellen, daß die gleichen Kolleginnen nicht mehr so menschlich sind, sondern schon viel von der „sozialen Kälte“ des Westens angenommen haben. Auch der Streß im Beruf ist fast schon derselbe. Leider konnte mir keine der Referentinnen und auch nicht die Moderatorin eine Erklärung hierfür geben.

Fazit für mich: „Gleich“ werden wir wohl nie ganz werden, aber wir haben uns schon sehr angeglichen – leider auch bezüglich der negativen Eigenschaften der Wessis...

Werner Schmidt

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