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Gesucht wird: der neue Ludwig, Burda, Marx

■ Parallel zur Eröffnung der Ausstellung im Hamburger Bahnhof findet in Berlin das erste „European Art Forum“ statt – eine kleine Gegenmesse zur „Art Cologne“

Die Idee kam aus Köln. Nachdem im letzten Jahr die „Art Cologne“ mit 350 Ständen aus den Rheinhallen platzte, forderten renommierte Galeristen wie Michael Zwirner oder Rudolf Kicken, „über Alternativen nachzudenken“. Als der Vorsitzende des Bundesverbands Deutscher Galerien, Gerhard F. Reinz, die Meuterer ignorierte, traten fünf Vorstandsmitglieder zurück, darunter Elke Zimmer. Jetzt ist die Düsseldorferin für die Pressearbeit des „European Art Forum“ zuständig – Köln hat binnen eines Jahres Berliner Konkurrenz bekommen.

Die Voraussetzungen für eine zusätzliche Kunstmesse in Berlin sind momentan günstig. Zeitgleich wurde gestern die Sammlung Marx im Hamburger Bahnhof eröffnet, und vor zwei Monaten erst hatte der Sammler Ernst Berggruen seine Schätze von Picasso bis Klee den Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz zur Verfügung gestellt. Berlin hat damit die Moderne aufgeholt (s. taz vom 26.10).

Aber richtig anknüpfen möchte das „European Art Forum“ an diese Tradition nicht. Hatte man sich doch von Köln auch deshalb abgewandt, weil dort zuviel Kunsthandel und zuwenig Aufbauarbeit junger KünstlerInnen geleistet wird. Jetzt gilt, es eine neue Käuferschicht zu erschließen, die sich an Tobias Rehbergers Sozialmöbel oder den sperrigen Plastikiglu des Isländers Olafur Eliasson herantraut. Gesucht wird: der neue Ludwig, Burda, Marx. Statt bloß Ankauf/Verkauf zu betreiben, will man in Berlin zeigen, daß Galerien für die Konzepte zeitgenössischer Kunst mitverantwortlich sind: „Professionalität und Qualität“ wurde als Slogan auf jeder Pressekonferenz der letzten Wochen verkündet. Vielleicht ein wenig zu oft.

Tatsächlich unterscheidet sich das Berliner Angebot von den weihnachtsbazarähnlichen Zuständen in Köln vor allem durch die begrenzte Zahl an Teilnehmern. Mit 137 Galerien füllt man trotzdem noch vier Messehallen, für die das Publikum immerhin 30 Mark Eintrittsgeld zu bezahlen hat. Doch das Selektionsprinzip bezieht sich nur auf Galerien, nicht aber auf die Künstlerschaft. Von der Idee, nur einen Künstler pro Koje zu zeigen, sind fast alle Galerien wieder abgekommen. In der Regel wird das komplette Programm präsentiert, mitunter stapeln sich die Bilder noch unter den Schreibtischen. Die Hamburger Galerie Dröscher schafft es, in einen knapp eineinhalb Meter schmalen Ausstellungsschlauch Arbeiten von sieben Künstlern zu stopfen – selbst ein antiquarisches Blatt von Horvath Walden aus dem Sturm von 1921 ist dabei.

Auch die Forderung, daß sich die präsentierten KünstlerInnen nicht überschneiden sollen, funktioniert in der Praxis nicht: Von überall leuchten einem Imi Knoebels knallige Wandobjekte entgegen, und Georg Baselitz findet man gleich bei 13 Galerien im Programm. Mehr werden es in Köln vermutlich auch nicht sein. Überhaupt dominieren die arrivierten Namen der letzten 20 Jahre: immer wieder Polke, Richter, Rosemarie Trockel und Rebecca Horn. Experimentelle Arbeiten aus dem Medienbereich fehlen ebenso wie der sich abzeichnende Trend zum Dokumentarismus in Sachen Politik und Projekte. Die Arbeiten aus der jüngeren Kunstszene dagegen sind eher Selbstgänger – Remakes der großen Spektakel-Ausstellungen des letzten Sommers, sei es die Manifesta in Rotterdam, Kopenhagens „NowHere“ oder „Nach Weimar“. Eine Messe, die Aufbauarbeit an der jüngeren Generation leisten will, sieht anders aus. Harald Fricke

„European Art Forum“, bis 4.11. in den Berliner Messehallen

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