: Der Vulkan: „Ein Faß ohne Boden“
■ Staatsrat Fuchs: Werften-Verbund erpreßte Landesregierung
Die Landesregierung hat sich nach Aussagen des ehemaligen Senatsdirektors Dr. Andreas Fuchs jahrelang vom Vulkan-Verbund „politisch erpressen lassen“. Um Arbeitsplätze zu retten, hätten „die politischen Handelnden“ dem Vulkan immer wieder u.a. mit Bürgschaften oder Schiffsbeteiligungen finanziell unter die Arme gegriffen. „Man wußte, daß es sich die Politik nicht leisten kann, die Arbeitsplätze aufs Spiel zu setzen“, sagte Fuchs gestern vor dem Untersuchungsausschuß. Mit diesem Druckmittel habe das Vulkan-Management die öffentliche Hand regelrecht „ausgenutzt“, resümierte er.
Fuchs saß von 1986 bis 1992 in den Aufsichtsräten des Bremer Vulkans, der Seebeck-Werft, der Lloyd-Werft, der SUAG und der landeseigenen Hanseatischen Industrie-Beteiligungs-GmbH (Hibeg). „Ich habe keine Aufsichts ratssitzung erlebt, in der nicht irgendeine Entscheidung abverlangt wurde. Es ging immer um Leben und Tod.“ Bei den Bremer Werften habe eine „Subventionsmentalität“ vorgeherrscht, berichtete Fuchs weiter. „Es herrschte die Mentalität vor, sich zurückzulehnen und zu sagen: Es reicht, wenn wir die Aufträge reinholen. Um die Finanzierung kümmern sich die anderen.“
In die gleiche Kerbe schlug auch der Zeuge Hans-Burghard Theilen, der von 1972 bis 1971 unter anderem als Abteilungsleiter in der Senatskanzlei tätig war. Als der Vulkan 1988 die Landesregierung um eine Schiffsbeteiligung von rund 270 Millionen Mark bat, warnte Theilen in einem internen Vermerk davor, daß der Vulkan zu einem „Faß ohne Boden“ zu werden drohe. Im Senat sei seine Einschätzung zwar geteilt worden, so Theilen. Vor dem drohenden Verlust von über 6.000 Arbeitsplätzen, hätte die Landesregierung allerdings keine andere Wahl gehabt. Er habe damals den Verdacht gewonnen, daß das Vulkan-Management den Überraschungseffekt bewußt als „politisches Instrument“ benutzt habe. Die Landesregierung habe von den Liquiditätskrisen immer „so kurz wie möglich“ und „so überraschend wie möglich“ erfahren, erinnerte sich Theilen. Darüber hinaus seien die „Fakten“ über die tatsächlichen Liquiditätsengpässe beim Vulkan „nicht so auf den Tisch“ gekommen. „Das war wie eine Chloroformierung des Präsidenten des Senats.“ Immer wieder seien beim Vulkan Aufträge hereingeholt worden, die „offensichtlich nicht kostendeckend waren“, sagte Theilen. Kritik habe das Management nicht zugelassen. „Wenn Sie zu hören bekommen, ob das Schiff kostendeckend gebaut werden kann, wissen wir erst, wenn das Schiff fertig ist, dann machen Sie den Mund auf und wieder zu, gehen nach Hause und sagen sich, denen glaube ich gar nichts mehr.“ kes
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