■ Vorschlag
: „die schönheit“: Ein Abend für Ronald M. Schernikau im SchwuZ

Er war eine Diva, eitel und exzentrisch. Ein träumerischer Visionär. Ronald M. Schernikau, geboren 1960 in Magdeburg, aufgewachsen in Lehrte bei Hannover, war überzeugter Kommunist. 1986 begann er sein Studium am Institut für Literatur, Johannes R. Becher, in Leipzig, das durch das deutsch-deutsche Kulturabkommen möglich geworden war. Als Sechsjähriger hatte er den Weg von der DDR in die BRD im Kofferraum eines Fluchtautos zurückgelegt. Im September 1989, als das Ende der DDR und des „sozialistischen Experiments“ fast überdeutlich abzusehen war, hatte Schernikau einen großen, von vielen belächelten und mit Unverständnis betrachteten Schritt in die umgekehrte Richtung getan. Er nahm die DDR- Staatsbürgerschaft an übersiedelte offiziell von Berlin (West) nach Berlin (Ost). Er wurde Mitglied des DDR-Schriftstellerverbandes und arbeitete als Lektor beim Henschel-Verlag.

„Sie wissen noch nichts von dem Maß an Unterwerfung, die der Westen jedem einzelnen seiner Bewohner abverlangt.“ Schernikaus Prophezeiung auf dem letzten DDR-Schriftstellerkongreß im März 1990 wurde gnadenlos ausgebuht. Der revolutionäre Romantiker und idealistische Nostalgiker war im Westen wie im Osten ein Exot. Seine Erfahrungen während der Studienzeit in Leipzig hat er in seinen tagebuchartigen Aufzeichnungen „Die Tage in L.“ veröffentlicht. Der Untertitel bringt den Tenor dieser Beobachtungen des Grenzgängers Schernikau auf den Punkt: „darüber, daß die ddr und die brd sich niemals verständigen können, geschweige mittels ihrer literatur.“

Erschienen ist das Buch jedoch in der BRD. Im Osten war es wegen seiner Radikalität im Umgang mit Tabus abgelehnt worden. Nach der Wende war es vielen schlicht zu träumerisch und in seinem Bekenntnis zum Kommunismus unangenehm.

Am 20. Oktober 1991 starb Schernikau an den Folgen von Aids. Zu seinem fünften Todestag erinnern nun in einer Veranstaltung Freunde und Schriftstellerkollegen mit Theaterszenen, Videoaufzeichnungen und Lesungen u. a. aus seinem erfolgreichen Erstling, „kleinstadtnovelle“, seine Erfahrungen mit dem schwulen Coming- out in der Provinz, und an sein monumentales, bislang nur in Auszügen veröffentlichtes Monumentalwerk „legende“ an ihn. Mitwirkende sind u.a. der TV-Journalist Matthias Frings und die Berliner Autoren Michael Sollorz, Detlev Meyer, Ulrich Berkes und Mario Wirz. Axel Schock

Heute, 20 Uhr im SchwuZ, Mehringdamm 61, Kreuzberg