■ Schreckensfahrt auf dem Großen Belt: Der erste Herbststurm
Kopenhagen (dpa/taz) – Erheblich im Ton vergriffen hat sich der Kapitän des dänischen Fährschiffes „Sprogö“ während des ersten kräftigen Herbststurmes in diesem Jahr. Wie die Zeitung Berlingske Tidende gestern berichtete, beschwerten sich zahlreiche Passagiere bei der Reederei DSB, weil der Schiffsführer ihnen bei einer ungewöhnlich stürmischen Fahrt über den Großen Belt per Lautsprecher folgende Mitteilung gemacht hatte: „Uns kommen schwerste und alles vernichtende Stürme entgegen.“
Augenzeugen berichteten, daß es unter den Passagieren zu heftigen Prügeleien um Schwimmwesten und Taucherbrillen gekommen sei. Zahlreiche der ohnehin von akuter Seekrankheit gebeutelten Reisenden seien entsetzt bis panisch zu den Bullaugen des Schiffes gestürzt, um zu kontrollieren, ob die Besatzung vielleicht schon mit den Rettungsbooten von dannen geeilt sei. Mit dem Ausruf „Ich kann doch nicht schwimmen, ich kann doch nicht schwimmen!“ habe sich überdies ein hysterischer Passagier sämtliche Rettungsringe gesichert.
Die Reederei gab dem Kapitän einen Verweis, teilte der Öffentlichkeit aber auch mit, daß der Schiffsführer eigentlich nur die Stimmung mit einem kleinen Scherz hatte heben wollen. Auch aus diesem Grund habe er aus dem „Gebet des Seemanns“ vorgelesen, einer Art seemännischer Version des Vaterunsers:
„Herr, glätte die Wogen, vertreibe den Sturm, beruhige die Fluten, laß die Güsse versiegen, verschließe die Strudel, hilf Fisch und Mensch und kuck bitte noch mal nach, ob die Heckklappe auch gut zu ist.“
Im Anschluß daran, weiterhin über Lautsprecher, erging sich der Kapitän noch in einigen melancholischen Betrachtungen über die „langfristige Zukunft der Fährschiffahrt auf dem Großen Belt“. Aber auch diese kamen beim Publikum gar nicht gut an, obwohl die „Sprogö“ trotz Sturms sicher im Hafen von Korsör eintraf.
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