Lemwerder wartet auf ein Zeichen

■ Was planen die neuen Eigentümer für ASL-Flugzeugwerft? Kritiker fürchten Eilverkauf

Es brummt wieder bei der Aircraft Services Lemwerder (ASL). Nichts erinnert daran, daß die Flugzeugwerft vor kaum zwei Jahren nur knapp an der Schließung durch die damalige Mutterfirma DASA vorbeischrammte. Jetzt ist ASL für drei private Übernehmer interessant, die die Firma für eine Mark vom Land Niedersachsen übernommen haben. Bis die neuen Besitzer jedoch ihre Pläne vorstellen, verharren die Flugzeug-Techniker in einer eigentümlichen Zwischenzeit.

Doch es wird auf Hochdruck gearbeitet in den Hallen an der Weser: Hier wird der Lockheed-Jet einer Charter-Fluglinie gesandstrahlt und neu lakiert, in einem anderen Riesenhangar haben Techniker die Triebwerke eines Airbus 340 zur Wartung abgeschraubt. „Wir sind bis Frühjahr 1997 ausgebucht und haben noch ein gutes Auftragspolster“, sagt ASL-Sprecher Werner Preisler. „Alles private Airlines und Flugzeughersteller, keine Regierungsaufträge“.

1994 wollte die damalige Mutterfirma DASA die Flugzeugwerft schließen. Die niedersächsische Landesregierung sprang ein. Nach erheblichen Opfern der Belegschaft – drei Stunden längere Wochenarbeitszeit, zehn Prozent weniger Lohn, Abbau von 600 Stellen – hat ASL wirtschaftlich wieder Boden unter den Füßen. Darum konnte die Landesregie-

rung ASL wieder abstoßen. Nicht ganz freiwillig wählte Hannover offenbar Zeitpunkt und Preis des Verkaufs: Die EU verlangte eine privatwirtschaftliche Lösung.

Wem ASL jetzt gehört, darüber können die 585 Mitarbeiter, die nach der Sanierungsroßkur der ehemaligen DASA-Tochter übriggeblieben sind, nur spekulieren. Die Geschäftsführung weiß nicht, was die neuen Eigentümer mit ASL vorhaben. Offiziell war nur von drei norddeutschen Unternehmern die Rede. Darunter soll der Geschäftsmann Jürgen Großmann sein, dem unter anderem das Stahlwerk Georgsmarienhütte gehört, sowie ein Mitglied des Preussag-Vor-stands.

Vorerstaus dem Rennen um ASL ist der indonesische Staatskonzern IPTN, der lange Zeit als Rettungsanker für ASL gehandelt worden war. Ein Jahr lang hatten die Asiaten mit dem Land um die Übernahme von 25 Prozent der ASL-Anteile verhandelt. Die Indonesier haben sogar schon ihr Europa-Büro auf dem Gelände in Lemwerder bezogen. ASL sollte zudem das IPTN-Flugzeug N 250 in Europa und Vorderasien vertreiben und den Kundendienst übernehmen. Ursprünglich sollte der Vertrag beim jüngsten Besuch von Bundeskanzler Kohl in Indonesien unterzeichnet werden. Wie es hieß, kam keine Einigung zustande, weil die Indonesier weitere Garantien vom Land gefordert hatten.

Die neuen Eigentümer hätten sich schließlich ausbedungen, über die Bedingungen für einen Einstieg von IPTN mitzureden. Kurzfristig gingen ASL jedoch dadurch keine Aufträge verloren, so ASL-Mann Preisler. Der IPTN-Jet werde erst 1998 ausgeliefert, die Kooperation sei nach wie vor denkbar. Das Interesse der Indonesier sei für das Image der ASL sehr wichtig gewesen. „So hat die Branche gesehen, daß wir offenbar eine Perspektive haben“, sagt Preisler.

1998 soll ASL nach den Planungen der Geschäftsleitung schwarze Zahlen schreiben. Weiteres Plus: 1999 läuft eine in Lemwerder als „Knebelvertrag“ mit der DASA bezeichnete Vereinbarung aus. Bevor die Daimler-Tochter 1994 ASL ans Land abgab, hat sie sich versichern lassen, daß ASL für fünf Jahre nicht um Bundeswehr-Aufträge konkurruert. Zuvor waren in Lemwerder Transall-Maschinen gewartet worden. Nach der deutlichen Kostensenkung kann ASL wohl zu günstigeren Preisen arbeiten als die DASA.

Kritiker des Eilverkaufs wie die niedersächsischen Grünen befürchten, das Land habe in seiner Privatisierungsnot cleveren Unternehmern ein echtes Schnäppchen beschert und solle obendrein auch noch der Vorbesitzerin Durum AG, einer Tochter der landeseigenen NordLB, 11,6 Millionen Mark für das Stammkapital der ASL zahlen, moniert der wirtschaftspolitische Sprecher, Michel Golibrzuch.

ASL ist tatsächlich mehr als das reine Flugzeugwartungsgeschäft. Hallen und Anlagen an der Weser werden auf einen Wert von 300 Millionen Mark geschätzt. Außerdem dürfte die 2000 Meter lange betriebseigene Startbahn rund um die Uhr genutzt werden: Ein echtes Plus bei der Ansiedlung von neuen Unternehmen. Bei ASL denkt man schon länger darüber nach, den eigenen Flughafen auszugliedern.

Joachim Fahrun