Skinheads marschieren

■ „Hitler-Gruß“ bei Glatzentreffen in Westböhmen. Und die Polizei sieht zu

Prag (taz) – Zum bisher größten Skinheadtreffen in Mitteleuropa sind am Samstag knapp 1.000 Kahlköpfe aus Tschechien, Deutschland, Polen und Ungarn in das westböhmische Dörfchen Kozolupy bei Pilsen angereist. Dort fand ein Konzert von als Neonazis bekannten Bands statt. Die „Bewegung für bürgerliche Toleranz und Solidarität“ (HOST) vermutet hinter diesem Aufmarsch das erste Treffen einer neuentstandenen mitteleuropäischen Gruppe der internationalen Neonaziorganisation „Blood and Honour“.

Obwohl HOST sowohl die Polizei als auch die zuständigen Behörden rechtzeitig über das bevorstehende Skinheadkonzert informiert hatte, wurde der Glatzen-Aufmarsch nicht verhindert. Die Gemeinde hatte zwar ein öffentliches Konzert untersagt. Doch gegen eine Privatparty in einem privaten Restaurant könne man nicht vorgehen, erläuterte ein Polizeisprecher das passive Verhalten der Ordnungshüter.

Ganz untätig blieb die Polizei dann aber doch nicht: So wurden von immerhin rund 400 Personen die Personalien aufgenommen. Gegen drei Polen, zwei Deutsche und zwei Tschechen wurde Strafanzeige erhoben. Diese hatten sich dummerweise vor besagtem Restaurant mit „Hitler-Gruß“ und „Heil Hitler“-Rufen begrüßt. Ihre Kollegen, die in den sicheren Räumen des Restaurants dasselbe taten, kamen jedoch straffrei davon, da sie, so war zu hören, nicht die öffentliche Ordnung gestört hätten.

Angesichts des eher zurückhaltenden Verhaltens der rund 100 Polizisten erstattete HOST noch am Samstag Strafanzeige gegen die Veranstalter des Konzerts wegen Verbreitung rassistischen Gedankenguts.

Bereits am vergangenen Freitag hatte der Chef der oppositionellen Sozialdemokraten, Miloš Zeman, Innenminister Jan Ruml mangelndes Vorgehen gegen Skinheads vorgeworfen. Die diesem unterstehende Polizei würde in Tschechien Manifestationen von Neonazis untätig zusehen, kritisierte der Oppositionsführer.

Anlaß für diese Kritik war eine erlaubte Skindheaddemonstration vor einer Woche im westböhmischen Chodov. Rund 250 Neonazis konnten unbehindert mit „Zigeuner raus“-Rufen durch die Straßen ziehen. Zuvor waren die Roma aufgefordert worden, besser zu Hause zu bleiben. Katrin Bock