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Zensur hinter Gefängnismauern?

■ Gefangenenzeitung „Blickpunkt“ in Santa FU fühlt sich behindert

Kritik unerwünscht? „Der Blickpunkt soll plattgemacht werden“, befürchtet Jens Stuhlmann, Gefangenensprecher der Justizvollzugsanstalt Santa Fu II. Die Knastzeitschrift, die Mißstände in der Haftanstalt auch außerhalb der Mauern publik machen will, erscheint seit Monaten nicht mehr. Stuhlmann, verantwortlicher Blickpunkt-Redakteur, glaubt: „Eine offene Auseinandersetzung über die Zustände in den Hamburger Knästen soll hier um jeden Preis verhindert werden.“

Zuletzt erschien die Zeitschrift, die in einer Auflage von 2000 Exemplaren herauskommt und in Buchläden, Kneipen und Bücherhallen ausliegt, im Juli. Die fertige Septemberausgabe verstaubt seit langem in der Knastdruckerei, die sich nach Informationen eines Bediensteten und mehrerer Häftlinge beharrlich weigert, einer Weisung von Anstaltsleiter Jobst Poenighausen nachzukommen und das Blatt zu drucken. Zuvor hatte Poe-nighausen allerdings einen von Stuhlmann verfaßten Artikel über den Tod eines herzkranken Inhaftierten, der angeblich falsch behandelt worden war, aus dem Blatt gekippt. Obwohl über den Vorfall bereits in der taz berichtet worden war, durfte im Blickpunkt nichts darüber stehen.

Viele Inhaftierte befürchten zudem, daß die Knastleitung versucht, der Postille das Wasser abzugraben. Das Blatt wird ausschließlich über Spenden finanziert, das Spendenkonto jedoch von einem „Verein zur Förderung des Strafvollzuges“ verwaltet, dessen Vorsitzender heißt: Jobst Poenighausen. Mehrere Spender klagen schon entnervt darüber, daß sie zugesagte Spendenquittungen auch auf mehrfache Nachfrage nicht bekamen.

Auch ein neues Vertriebskonzept für die 350 Blickpunkt-Abonnenten außerhalb der Mauern und die Bereitstellung des Blickpunktes im Internet werde, glaubt Jens Stuhlmann, „durch die Anstaltsleitung boykottiert“. Zwei Journalisten der Mediengewerkschaft dju, die die Redaktion handwerklich schulen wollten, soll der Zutritt zur Anstalt versagt worden sein.

Inzwischen hat sich auch die GAL eingeschaltet. In einer Anfrage an den Senat fordert sie die Aufklärung der Vorwürfe gegen Poenighausen. „Unerträglich, wie hier eine der letzten Möglichkeiten der Gefangenen, auf Mißstände aufmerksam zu machen, ausgehebelt wird“, klagt der grüne Bürgerschaftler Manfred Mahr. Sein Appell gen Rathaus: „Der Justizsenator hat die Schikanen sofort zu unterbinden.“

Jobst Poenighausen bestreitet die Vorwürfe zumindest zum Teil: Der neue Blickpunkt werde „gerade gedruckt“, einen Boykott der Druckerei habe es nie gegeben. Der Artikel über den mysteriösen Häftlings-Tod sei auf seine Weisung hin aus dem Blatt gekippt worden, weil in ihm „Tatsachenbehauptungen aufgestellt wurden, die dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsergebnis vorgegriffen“ hätten.

Bei den Spendenquittungen sei es „lediglich zu Verzögerungen gekommen“, da der neue Blickpunkt-Trägerverein erst „als gemeinnützig anerkannt werden mußte“. Auch der neue Postvertrieb nebst Internetzugang und die Journalisten-Nachhilfe seien „keinesfalls abgewürgt“ worden. Poenighausen: „Das sind grundsätzlich sinnvolle Projekte, über die nur noch keine endgültige Entscheidung getroffen wurde.“ Ein der taz bekannter Anstaltsbediensteter hält dagegen: „Alle erhobenen Vorwürfe stimmen und sind belegbar.“ Marco Carini

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