piwik no script img

Keine Kontrolle

■ Bezirk Mitte beschließt, für die Schilleroper ohne Gegenleistung zu zahlen

Die Schilleroper in St. Pauli wird für mindestens zwei weitere Jahre zur Unterbringung von Wohnungslosen genutzt. Eigentümer Eberhard Ehrhardt soll für die Vermietung der schäbigen Löcher (93 Betten) 1,2 Millionen Mark vom Sozialamt Mitte kassieren. Ob das ehemalige Varieté-Theater je – wie im Bebauungsplan seit Jahren vorgesehen – in ein dringend benötigtes Stadtteilzentrum umgebaut wird, hängt jetzt einzig vom guten Willen des Opern-Eigentümers, Eberhard Ehrhardt, ab. Der Bezirk verzichtet freiwillig auf jegliche Kontrolle beim Sanierungsverlauf.

Mit den Stimmen der SPD-Mehrheit segnete der Stadtplanungsausschuß Mitte am Montag die von Baudezernent Peter Gero geführten Verhandlungen um die künftige Nutzung der Schilleroper (taz berichtete) ab. GALier Volker Nienstedt spricht von „abgefuckten Ergebnissen“; CDU-Fraktionschef Hartwig Kühlhorn wirft Gero „Kontraproduktivität“ und „Dilettantismus“ vor und findet, die Schilleroper sei „ein Fall für den Rechnungshof“. Denn entgegen aller Mehrheitsbeschlüsse vom Januar 1996 will der Bezirk nun keinen städtebaulichen Vertrag mehr abschließen. Der hätte dem Investoren Fristen gesetzt und der Stadt bei Nicht-Einhaltung Sanktionsmöglichkeiten gelassen.

„Natürlich“, gesteht SPD-Chef Jan-Hinrich Fock die sozialdemokratische Handlungsunfähigkeit, komme die jetzt unterzeichnete „Absichtserklärung“ nur einem „Handschlag gleich“. Aber: „Mehr war da nicht zu machen“, demonstriert er Hilflosigkeit gegenüber dem widerborstigen Eigentümer. Der weigert sich und klagt seit Jahren gegen die Sanierung. „Schlimmstenfalls“, gibt Fock ganz unverblümt zu, „sackt er das städtische Geld für die Asylunterkünfte ein und tut sonst nichts.“

Heike Haarhoff

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen