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Durchs Sparen wächst des Staates Schuldenberg

■ 450 Millionen weniger als geplant darf der Verkehrsminister ausgeben

Berlin (taz) – „Bei den Investitionen für Schiene und Straße werden wir nicht kürzen“, sagt der Sprecher vom Bundesverkehrsministerium, Franz-Josef Schneiders. 450 Millionen Mark zusätzlich muß sein Chef Matthias Wissmann trotzdem einsparen – so die neuesten Vorgaben vom Finanzminister. Die Hauptlast wird dabei künftigen Steuerzahlern aufgedrückt. Heute trifft sich der Haushaltsausschuß des Bundestages, um die Vorschläge zu beraten.

Den dicksten Brocken will Wissmann beim Bundeseisenbahnvermögen (BEV) rausbrechen. Diese Institution kümmert sich vor allem um die Schulden aus der Zeit vor der Bahnreform 1994. Außerdem muß sie 94.000 Beamte verwalten, die früher bei der Staatsbahn dienten und jetzt an die Deutsche Bahn AG ausgeliehen werden.

Dafür sind bislang allein im kommenden Jahr 17,5 Milliarden Mark an Zuschuß aus der Staatskasse eingeplant. Jetzt will Verkehrsminister Wissmann 200 bis 300 Millionen Mark weniger dafür rausrücken.

Dietrich Gaebel, der beim BEV für den Wirtschaftsplan zuständig ist, sieht dafür wenig Möglichkeiten. „Man kann beim BEV nur an zwei Schrauben drehen: Mehr Tafelsilber verkaufen und bei der Immobiliengesellschaft der Bahn früher kassieren.“

Schon im alten Plan rechnet das BEV fürs kommende Jahr mit 600 Millionen Mark, die die Behörde für bereits jetzt abgeschlossene Immobiliengeschäfte bekommt. Außerdem sollen 1997 noch für 1,25 Milliarden Mark Teile der Bahn- Wohnungsgesellschaft veräußert werden. Ihr Gesamtwert wird auf vier bis fünf Milliarden Mark geschätzt. Theoretisch könnte man mehr Teile verkaufen, wäre 1997 ein höherer Erlös zu erzielen – allerdings auf Kosten der späteren Haushaltsjahre. Man kann eben jedes Gut nur einmal verkaufen.

Doch so könnte Wissmann seinen 1997er Haushalt noch nicht ausreichend entlasten. Vermutlich wird der Minister deswegen eine noch größere Hypothek auf die Zukunft aufnehmen. Dabei geht es um den Verkauf der „nichtbahnnotwendigen“ Immobilien, die das BEV zur Tilgung seiner Schulden bekommen hat.

Das BEV hat in diesem Herbst ein Grundstückspaket an die Verwertungsgesellschaft der Bahn AG übergeben (taz 24.10.). Den Kaufpreis dafür hat das BEV zwar noch nicht erhalten – allerdings kann es in den nächsten drei Jahren die Überweisung von bis zu drei Milliarden Mark verlangen, egal ob die Bahntochter für die Immobilien einen neuen Eigentümer gefunden hat oder nicht. Der Haken bei der Sache: Die Bahn-Verwertungsgesellschaft muß vermutlich Kredite aufnehmen, um dem BEV die Milliarden auszuzahlen. Und die Zinsen für diese Kredite zahlt das BEV selbst. „Als ich studiert habe, nannte man das einen klassischen Schattenhaushalt“, kommentiert Gaebel den Trick.

Daß tatsächlich an diesen Weg gedacht ist, bestätigt der Sprecher des Verkehrsministers: Der Zuschußbedarf soll auch durch den schnelleren Verkauf von nichtbahnnotwendigen Liegenschaften gesenkt werden.

Unterdessen wächst der Schuldenberg des BEV. Von ursprünglich unter 70 Milliarden Mark ist er inzwischen auf 78 Milliarden Mark angewachsen. Das liegt vor allem daran, daß die BEV die alten Schulden nicht schnell genug abgezahlt hat. Mußte das BEV 1995 noch 5,1 Milliarden Mark Zinsen an seine Gläubiger überweisen, so sind es in diesem Jahr bereits 5,8 Milliarden – Tendenz steigend.

Erst ab 1998 sollen jährlich 2,8 Milliarden Mark in die Schuldentilgung des BEV gesteckt werden, so daß dann nach und nach auch die jährliche Zinslast abnehmen wird. Annette Jensen

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