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Die Region ist die Chance

Auslandsinvestoren machen sich von Iran bis Marokko rar. Jetzt hoffen die Länder mit Privatisierungen Geld anzuziehen. Der IWF lobt  ■ Aus Kairo Karim El-Gawhary

Im Kürzelspiel der Wirtschaftsblocks, von der europäischen EU, der amerikanischen Nafta oder den asiatischen Asean-Staaten, ist ein weiteres dazugekommen. Doch anders als seine Kollegen in anderen Teilen der Welt ist MENA – Middle East and North Africa – bisher wohl mehr ein Phantasiegebilde als ein tatsächlicher ökonomischer Zusammenschluß. Und trotzdem ist die fiktive Gemeinde aus den Mitgliedstaaten der Arabischen Liga plus Iran und Israel dieser Tage zur 3. MENA- Wirtschaftskonferenz in Kairo zusammengekommen.

Immerhin 300 Millionen Menschen rund 6 Prozent der Weltbevölkerung leben in diesem Gebiet. Doch der Anteil am weltweiten Bruttosozialprodukt macht gerade einmal 2 Prozent aus. Es sind zwei Eigenheiten, die den besonderen Charakter dieses Wirtschaftsgebiets ausmachen: Erdöl und Israel.

Ölexporte machen immer noch 65 Prozent des Exporteinkommens der gesamten Region aus. Damit ist MENA extrem abhängig vom Steigen und Fallen des Preises für das schwarze Gold.

Der arabisch-israelische Konflikt hat bisher nicht nur unzählige Ressourcen unproduktiv verschlungen, er hat auch eine konsequente wirtschaftliche Integration von MENA verhindert. Der inner- regionale Handel macht gerade einmal sieben Prozent des gesamten Handels der Region aus. Die regionale Infrastruktur, wie etwa Transportverbindungen zwischen den Ländern, ist katastrophal. Oft ist es einfacher, Güter über Europa in die benachbarten Länder zu transportieren.

Dazu kommt, daß die meisten Ökonomien der Region bisher weitgehend staatlich kontrolliert waren. Private Investoren hielten sich daher lieber fern. Auch ausländische Investoren meiden bislang die MENA. Polen, die ehemalige Tschechoslowakei und Ungarn zogen in den ersten zwei Jahren nach dem Fall der Mauer genauso viel ausländische Investitionen an wie die gesamte arabische Welt seit dem Zweiten Weltkrieg zusammen.

Auch das Pro-Kopf-Einkommen der MENA Staaten ist seit Mitte der 80er Jahren weitgehend gleichgeblieben. Nur Afrika südlich der Sahara hat geringere Steigerungsraten. Und das in einem Zeitraum, in dem die Entwicklungsländer zusammengenommen ihr Pro-Kopf-Einkommen um 40 Prozent steigen konnten.

Trotzdem herrscht in vielen MENA-Ökonomien, wie z. B. in Ägypten, eine wirtschaftliche Aufbruchsstimmung. Die Auslandsschulden wurden in den letzten Jahren verringert. Ressourcen, die zuvor in den Schuldendienst gingen, können nun für den wirtschaftlichen Aufbau verwendet werden. Die Inflationsraten liegen auf dem niedrigsten Stand seit einem Jahrzehnt. Auch die Abhängigkeit vom Erdöl wurde verringert. Der Anteil der verarbeitenden Industrie steigt. Die Zukunft sei vielversprechend, wenn sich der Trend weiterführen läßt, glaubt Heba Handussa vom Forum für Wirtschaftsforschung in Kairo.

Aus Angst, auf der Strecke zu bleiben, hatten Marokko, Tunesien und Ägypten begonnen, ihre Wirtschaften zu privatisieren und in die globale Ökonomie einzubinden – oft auf Kosten der ärmsten Teile der Bevölkerung. Jüngstes Beispiel ist die Brotpreiserhöhung in Jordanien letzten Sommer, als die Regierung auf Weisung des IWF die Subventionen für das wichtigste Lebensmittel im Königreich zusammenstrich. Eine Maßnahme, der mehrere Tage andauernde Brotunruhen folgten.

Stanley Fischer, der zweite Geschäftsführer des Internationalen Währungsfonds, verteidigte diese Einsparung diese Woche auf einer Pressekonferenz in Kairo mit einem zynischen Unterton. Es sei positiv, daß die Unruhen nur wenige Tage gedauert hätten, ein geringer Preis für die große Kürzung in einem unproduktiven Haushaltsposten. Daß die jordanische Armee weiteres verhinderte, erwähnte Stanley nicht.

So beginnt der IWF in einer in Kairo vorgestellten Studie „Auf Fortschritt aufbauen – Reform und Wirtschaftswachstum in Nahost und Nordafrika“ mit einer positiven Note. Die wirtschaftlichen und finanziellen Bedingungen in der Region hätten sich dieses Jahr verbessert. Es werde erwartet, daß die Ökonomien der Region weiter wachsen. Und das, so Stanley, auch ohne Fortschritte im Friedensprozeß.

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