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Gallisches Groß Borstel

Dem Widerstand gegen Bücherhallen-Schließung scheint ein Teilerfolg beschieden  ■ Von Ulrike Winkelmann

Wird das Bücherhallen-Sparpaket wieder aufgeschnürt? Michael Marschall vom Verein „Bücherhalle Groß Borstel – Ja, Bitte!“ ist zuversichtlich, daß zumindest die Groß Borsteler Bücherhalle nicht zu einer ehren- oder nebenamtlich betreuten „Ausgabestelle“ schrumpfen wird.

„Der Verwaltungsrat der Bücherhallen“, meint er, „hat sich jetzt endlich vor Ort von der Relevanz der einzelnen Hallen überzeugt“ und werde sich nicht mehr sklavisch an das Kahlschlag-Konzept für die HÖB-Struktur halten wollen, das er noch Anfang September durchgestimmt habe. Deshalb sei der Ausgang der heutigen Verwaltungsrats-Sitzung der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen (HÖB), in der unter anderem auch über Groß Borstel entschieden werden soll, durchaus offen.

Auch Barbara Nitruch, SPD-Distriktsvorsitzende in Groß Borstel und kulturpolitische Sprecherin der SPD im Bezirk Nord, glaubt, daß der „Widerstand der örtlichen Bevölkerung“ gegen die Schließung ihrer Bücherhalle wirksam sei. „In Groß Borstel“, sagt sie, „ist die Bücherhalle der einzige öffentlich finanzierte Treffpunkt.“ Die Insellage zwischen Flughafen und Autoschneisen habe aus dem rund 10.000 EinwohnerInnen zählenden Stadtteil eine Art „kleines, gallisches Dorf“ gemacht, in dem es nicht nur Willen zur Rebellion, sondern auch überdurchschnittlich viel privates, kultur- und sozialpolitisches Engagement gebe. „Zu befürchten ist jedoch, daß das alles zusammenbricht“, wenn den Leuten für ihre Mühe auch noch ihr Kommunikationszentrum genommen werde.

Neben vier anderen Bücherhallen sollte, so lautete das letzte Angebot von HÖB-Chefin Hella Schwemer-Martienßen vom Monatsbeginn, die Groß Borsteler Bibliothek im historischen Stavenhagenhaus durch eine „Ausgabestelle“ ersetzt werden, in der zehn Stunden pro Woche ein Schrumpfbestand von Büchern ausleihbar sein sollte – ohne Anschluß an das Datennetz der HÖB. Ob Schwemer dabei bleibt, war in den vergangenen zwei Tagen nicht von ihr zu erfahren.

„Das lehnen wir ab“, erklären Marschall und Nitruch. Der Kompromißvorschlag des Vereins sieht vor, mindestens einen „professionellen“ Öffnungstag statt bisher drei zu erhalten, ergänzt durch einen „ehrenamtlichen Rückgabetag“ sowie die Möglichkeit für die örtliche Grundschule, die Bibliothek zu Unterrichtszeiten zu nutzen. Die Initiative, sagt Nitruch, habe sich mit dem Bezirk Nord bereits darauf geeinigt, daß dieser die Miete für den Sitz im historischen Stavenhagenhaus auf ein Drittel reduziere, so daß sie durch den Verein und Sponsoren getragen werden könnte.

Um dem Verwaltungsrat die Entscheidung zu erleichtern, veranstaltet die Groß Borsteler Initiative heute um 13.30 Uhr vor der Zentralbibliothek, Große Bleichen, eine Kundgebung mit Theater, Musik und Vorlesen

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