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■ VorschlagHymnen an die Kraft des HipHop: Cora E. rappt den Pfefferberg

Es ist noch gar nicht so lange her, da herrschte Krieg in Deutschland – mit Worten. Cora E. war mit ihren Heidelberger Kumpels von Advanced Chemistry damals mittendrin als Vertreterin der reinen Lehre, nach der HipHop so original gelebt werden mußte wie in den Ghettos der USA. Ihre Reimfertigkeiten perfektionierte sie auf unzähligen Freestyle-Battles quer durch die ganze Republik. Und alle zusammen träumten davon, die HipHop-Nation aufzubauen.

Heute ist klar, wie der Krieg ausgegangen ist. Man kann von den Fantastischen 4 halten, was man will, aber die Erfinder des deutschen HipHop sind sie sicher nicht. Und wer erinnert sich schon noch an Coras erste Single von 1993? Immerhin war „Könnt ihr mich hörn?“ ein Meilenstein als erste Veröffentlichung einer deutschen Rapperin. Und während die alten Freunde aus Heidelberg sich aus Frustration in die Privatheit ihrer Studios, internationalen Verbindungen und Produzentenjobs zurückzogen, blieb sie weiter, wofür das „E.“ schon früher stand: Einzelkämpferin. Vielleicht wußte sie manchmal nicht, was sie wollte, das aber mit aller Macht.

Aktiv blieb sie die ganze Zeit, aber an Plattenmachen war nicht zu denken. Während Schwester S. mit Hilfe des Rödelheim Hartreim Projekt als HipHop-Mädelwunder gefeiert wurde, verdiente sie ein bißchen Geld als Mitglied des „Urban Culture Teams“, das im Rahmenprogramm für die Streetball-Veranstaltungen von adidas „Fun für jedermann“ ablieferte, wie es die Pressemitteilungen der Herzogenauracher versprachen. Kurz darauf wurde genau diese Klientel von Tic Tac Toe weit erfolgreicher bedient.

Ein gutes Jahr später ist Cora E. bei einer Major-Plattenfirma, ihr erstes Album ist für das neue Jahr angekündigt. Die Breakbeats haben ihr die Stieber-Twins unter die Raps gemischt, alte Bekannte aus Heidelberger Tagen. Die neue Single „Schlüsselkind“ ist wieder mal eine Hymne auf die Kraft des HipHop, wenn auch diesmal nicht aus der euphorisierten Sicht des Mittendrin im Aufbruch getextet. Statt dessen rekapituliert Cora die Geschichte des deutschen HipHops als ihre eigene Geschichte: Vom Rauswurf aus der Schule bis zu der Rettung durch Rap. „Es wäre nichts so wie es ist, wär es nicht so gewesen, wie es war“, refraint es. Cora E. ist angekommen. Nicht ganz oben, nicht ganz unten, aber immerhin bei sich selbst. Thomas Winkler

Mit DJ Esther, Stieber-Twins, Der Lange und DJ Chris, 15. 11.,

22 Uhr, Pfefferberg, Schönhauser Allee 129, Prenzlauer Berg

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