Verborgene Traumata

■ Eine Filmreihe dokumentiert das Israel der 80er Jahre

Manchmal sprechen die Umstände von Filmproduktionen eine deutliche Sprache, die von der Brisanz der Inhalte kündet.

Dies war bei den Dreharbeiten für Hamsin der Fall. Ein arabischer Schauspieler wollte aus Angst vor der Rache seines Dorfes in der Liebesszene mit einer Jüdin aus Galiläa gedoubelt werden. Und auch jüdische Anwohner ließen sich während der Aufnahmen zu tätlichen Angriffen gegen das Filmteam hinreißen. Vielleicht sprechen diese heftigen Reaktionen für die vier israelischen Filme, die im Rahmen des CinemaTri Filmclubs gezeigt werden. Es handelt sich um Produktionen aus den 80er Jahren, die aus vergangenen Jahrzehnten resultierende Traumata aufarbeiten.

Dies geschieht vor allem durch die Verknüpfung von Öffentlichem mit Privatem. So wird in Hamsin gezeigt, daß die friedliche Koexistenz zwischen dem jüdischen Rinderzüchter Gedalia und seinen arabischen Nachbarn erst durch die israelische Regierung gestört wird, als diese 1977 beschließt, arabisches Land für jüdische Siedler zu konfiszieren.

In umgekehrter Bewegung löst Avanti Populo von 1986 die große Politik in einzelne Akteure auf. Nach dem Sechstagekrieg im Juni 1967 stoßen ägyptische Soldaten in der Wüste auf eine Gruppe von Israelis, eine Begegnung unter dem Eindruck des Wüstengeflimmers, die sich in absurden Szenen vollzieht und das Trennende zwischen den nationalen Gruppen unwirklich macht. Im Gegensatz zum Late Summer Blues von Renen Schorr, der die Situation junger Abiturienten während des Stellungskrieges am Suez-Kanal vor ihrer Rekrutierung in die Armee problematisiert, geht es im einzigen Dokumentarbeitrag Wegen dieses Krieges um die Folgen des Holocausts.

In diesem Opus von Orna Ben Dor werden Erfahrungen von Kindern der Überlebenden in Rockmusik ausgedrückt. Aber auch leise Töne der Elterngeneration werden hörbar und dokumentieren in Israel bislang tabuisierte Folgen des Holocausts, solche, die sich in Erstickungsanfällen körperlich manifestieren und nicht in außenwirksame Aktionen umgesetzt werden können. Ein beklemmender, weil die private Sphäre ausleuchtender Beitrag zur Gegenwart der Geschichte.

Christoph Schlee

Avanti Popolo: 4. April / Wegen des Krieges: 11. April / Hamsin: 18. April / Late Summer Blues: 25. April; Museum für Völkerkunde, jeweils 18.30 Uhr