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Für freie Fahrt ist jedes Mittel recht

■ Polizei verletzt Umweltschützer bei Gottesdienst. Oberstes Gericht verhandelt morgen über Thüringer Verkehrstrassen

Berlin (taz) – Die Thüringer Polizei verletzte am Sonntag einen Gottesdienstbesucher schwer. Zusammen mit etwa 200 anderen hatte er sich zu einer Andacht oberhalb des Bettelmannsholz eingefunden – einem Landschaftsschutzgebiet, durch das die Thüringer-Wald-Autobahn und eine ICE-Trasse führen sollen. Pfarrer Gindler führte den Pilgermarsch in den Wald hinein, gefolgt von einigen hundert Polizisten. „Das waren fast alles Leute aus der Gegend, und auch Kinder waren dabei“, berichtet Birgit Henkel vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Jürgen Ludwig, Kreistagsabgeordneter vom Forum/Grüne, schwenkte ein Schild mit „Keine Gewalt“, das er abwechselnd den Umweltschützern und den Polizisten zeigte.

Doch als drei junge Männer versuchten, auf Bäume zu klettern, stürmten die Polizisten ohne Vorwarnung los. Sie stießen die im Kreis stehenden Gottesdienstbesucher zur Seite und nahmen zwei Leute willkürlich fest, nachdem sie sie getreten und zu Boden geworfen hatten. Einer erlitt dabei einen Splitterbruch im Arm und mußte ins Krankenhaus. Jürgen Ludwig, der selbst Prellungen davontrug, erwägt zusammen mit dem Pfarrer eine Anzeige. Der Einsatzleiter der Polizei war gestern nicht zu sprechen.

Schon seit einigen Wochen klafft in dem Landschaftsschutzgebiet eine breite Schneise im Wald. Die Polizei bewacht das Gebiet ununterbrochen, nachdem junge Leute immer wieder Bäume besetzt und Hütten gebaut hatten. „Aber wir geben nicht auf“, versichert Niels Martensen, einer der etwa 30 WaldpiratInnen. Morgen muß sich das Bundesverwaltungsgericht in Berlin mit dem Bettelmannsholz beschäftigen. Denn der BUND besitzt in dem Gebiet ein Grundstück und sieht seine Eigentumsrechte mißachtet. Zum einen stellt der Verband den Bedarf der ICE-Trasse in Frage und beruft sich dabei auf Aussagen der Deutschen Bahn AG und des Umweltbundesamtes in einer Bundestagsanhörung im September. Damals hatten beide bestätigt, daß die zugrunde gelegten Verkehrsprognosen völlig überholt sind.

Bisher haben es die obersten Verwaltungsrichter allerdings immer abgelehnt, sich mit dem Bedarf von Verkehrswegen zu beschäftigen.

Zum zweiten setzt der thüringische BUND-Landesgeschäftsführer Michael Spielmann auf Formfehler im Verfahren. So ist der Schutzstatus des Gebiets nicht aufgehoben worden. Und der Waldlehrpfad, den der Verband aufgebaut hat, wurde in den Planungsunterlagen bei der Aufzählung der Eigentumsinteressen vergessen. Annette Jensen

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