: Neues und Ähnliches entdecken
■ In der Reihe „Lebenswege“ berichtet ein spanisch-deutsch-nigerianisches Paar von ihren ersten gemeinsamen Metern
Natürlich werde manchmal unterstellt, daß sie eben keinen anderen abgekriegt hätte. „Ich entspreche“, sagt Maria del Sol Thomas und zeichnet die Konturen ihres fülligen Körpers nach, „ja nicht gerade dem deutschen Schönheitsideal.“ Ihre Ehe mit dem Nigerianer Ike Victor Thomas aber habe vielmehr etwas mit Liebe auf den ersten bis zweiten Blick zu tun und mit dem Wunsch, gemeinsam und gleichzeitig Neues und Ähnlichkeiten zu entdecken.
Das spanisch-deutsch-nigerianische Ehepaar ist das zweite, das über seine Lebenswege während einer ebenso genannten Veranstaltungsreihe berichtete. Ihr gemeinsamer Weg begann vor rund einem Jahr. Während Ike 1993 nach Deutschland kam, ist Maria in Hamburg geboren worden. Die spanische Heimat ihres Vaters kennt sie von einigen Wochen Urlaub ab und an. Daß sie binational aufgewachsen sei, habe sie nie so bewußt wahrgenommen, sagt sie. Aber auch, daß es ihr daher leicht falle, zu anderen Nationalitäten Kontakte zu knüpfen. „Das ist toll; man lernt ständig neue Sachen kennen.“ Und Gemeinsamkeiten: die Liebe zu Essen, Tanzen, Musik.
Ike kam nach Hamburg, weil ein Cousin hier lebte, ihn lockte und weil er den Job in der Kosmetikfabrik seines Vater nicht annehmen wollte. Vom Putsch und der Militärregierung habe er nicht so viel gespürt. Der Sprung in ein völlig anderes System sei unglaublich schwierig gewesen und auch, darin zu überleben. „Dann mach' doch Asyl“, habe der Cousin ihm geraten. Ike stellte den Antrag, ohne genau zu wissen, was das bedeutet – und erfolglos. Bis zur Hochzeit in Nigeria im Januar dieses Jahres war er in Hamburg nur noch geduldet. Und nach der Hochzeit sollte es noch Monate dauern, bis Botschaft und Behörde ihr Okay gaben. Vorher mußte das Paar in Ikes Dorf alte Familienfotos von den Wänden klauben, um seine Identität irgendwie zu beweisen – Geburten werden in Nigeria kaum amtlich registriert.
Schwierig sei alles auch jetzt noch – weil Ike zwar zweimal die Woche Kurse besucht, aber keine Arbeit hat. Er hätte sich auch vorstellen können, in Nigeria zu leben, wenn beide einen guten Job – und nicht in Vaters Firma – gefunden hätten. Maria sieht ihren Sohn aus erster Ehe mit einem Afrikaner in Hamburg besser aufgehoben, lebt selbst gern hier. Und da denke sie wohl doch ziemlich deutsch, sagt sie: Bloß nicht woanders leben als eben zu Hause. Stefanie Winter
Die Gesprächsreihe, die der Ausländerbeauftragte mit der Geschichtswerkstatt St. Georg, der Neuen Gesellschaft und dem Verband binationaler Familien anbietet, wird mit dem Besuch eines türkisch-deutschen Paares am 17. Dezember um 20 Uhr in der Ausländerinitiative St. Georg beendet.
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