: "Liebe taz..." Maßnahme für Arbeitslose effektiver - betr.: "Niederschmetterndes Fazit", taz vom 16.11.1996
Betr.: „Niederschmetterndes Fazit“, taz vom 16.11.96
Es ist sehr zu begrüßen, daß die taz in ihrer Bremen-Ausgabe so ausführlich auf die Ergebnisse des Forschungsprojektes der Universität Bremen „Wiederbeschäftigung und psychosoziale Stabilisierung von Langzeitarbeitslosen – Effekte einer Maßnahme der Bildungswerkstatt Bremen“ eingegangen ist.
Umso bedauerlicher, daß sich in den Beitrag einige Fehler eingeschlichen haben, die es wert sind, korrigiert zu werden.
Wir haben in der Evaluation dieser Maßnahme der Arbeitsverwaltung Bremen, die sich besonders an jene Langzeitarbeitslose richtete, denen aus der Perspektive der Vermittler nur noch geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt eingeräumt wurden, festgestellt, daß dennoch nach maximal einjähriger Qualifizierung und Betreuung (nicht dreijähriger, wie in dem Artikel behauptet) dennoch von 212 Teilnehmern insgesamt 26 Prozent den Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt geschafft haben. Nach sechs Monaten waren immerhin noch 22 Prozent der Gesamtteilnehmer in Arbeit – was wir als „stabilisierte Wiederbeschäftigungsrate“ bezeichnet haben.
Die Schwierigkeit einer Reintegration in den Arbeitsmarkt nach einer solch langen faktischen Dauer der Arbeitslosigkeit (die bei diesen Teilnehmern nach unseren Kriterien bei durchschnittlich sieben Jahren und neun Monaten lag) – welche auch beinhaltet, daß für 78 Prozent das primär angestrebte Ziel nicht erreicht werden konnte – unterstreicht aber auch die Forderung nach frühzeitig einsetzender präventiver Intervention.
Es sollten vorrangig Konzepte entwickelt werden, die Menschen bei beruflichen Umbrüchen, wie dem Arbeitsplatzverlust, in Form eines sozialen Geleitschutzes qualifiziert begleiten, anstatt erst das Eintreten psychosozialer Hilfsbedürftigkeit oder eine erzwungene Anpassung an Dauerarbeitslosigkeit abzuwarten, die nur mit einem hohen Aufwand später wieder zu durchbrechen sind.
Prof.Dr. Thomas Kieselbach,
Psychologisches Institut, Uni Hannover
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