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Geld fürs Klo, aber nicht für ein Umweltlabor

■ Die Stadt Augsburg will sparen. Aber für ein bißchen Luxus ist plötzlich doch Geld da

Augsburg (taz) – Ausgesprochen kuriose Formen haben in der drittgrößten bayerischen Stadt, Augsburg, zwischenzeitlich die Haushaltsberatungen angenommen. Um Geld zu sparen, wird einmal mehr erwogen, das seit zehn Jahren erfolgreich arbeitende Umweltlabor der Stadt zu schließen. Parallel dazu soll jedoch an einem Vorstadtbahnhof ein sündteures Klohäuschen errichtet werden.

Einsparungen von gerade einmal 113.000 Mark könnten laut Haushaltsansatz durch die Schließung des Umweltlabors erzielt werden. Der geplante Neubau eines öffentlichen Klohäuschens am Bahnhof im Stadtteil Oberhausen hingegen würde stolze 170.000 Mark verschlingen. Doch während in den vergangenen Jahren alle Versuche, das zum Gesundheitsamt gehörende Labor dichtzumachen, fehlschlugen, sieht es diesmal für die Betreiber dieses Vorhabens gar nicht so schlecht aus.

Immer wieder mal, wenn es in den letzten Jahren in der Fuggerstadt zu Haushaltsberatungen kam, wurde vornehmlich aus den Reihen der CSU der Ruf laut, die städtische Einrichtung zu schleifen. Genau diese Einrichtung, und das mag so manchem Ratsherrn bitter aufgestoßen sein, sorgte dafür, daß immer wieder auch Luftmessungen im Hochbelastungsgebiet Augsburg durchgeführt wurden, die der eigenen Stadt kein allzu gutes Zeugnis ausstellten. Mit Nachdruck wurden mehrmals Maßnahmen zur Luftverbesserung gefordert.

Doch das Umweltlabor erfreut sich bei der Bevölkerung großer Beliebtheit. Tausende von Augsburgern, sagt der Leiter des Labors, Thomas Gratza, nutzen jedes Jahr das Umweltlabor. Telefonische Beratung in den unterschiedlichsten Lebensbereichen und auch Analysen, von der Luft bis hin zu Umweltgiften, werden kostengünstig angeboten. Jüngst machten die Chemiker mit ihren PCP- und Lindan-Analysen bei Kokosmatratzen einmal mehr sogar bundesweit von sich reden.

Die Aufgaben des Umweltlabors sollen nach dem Willen der CSU künftig anderen Einrichtungen, zum Beispiel dem Bayerischen Institut für Abfallforschung (Bifa) übertragen werden. Doch dort, so der Leiter des städtischen Gesundheitsamtes, Professor Johannes Gostomzyk, könnten bestenfalls teilweise die Aufgaben des Umweltlabors bewältigt werden.

Das Labor zu schließen passe überhaupt nicht in die Anstrengungen der Stadt Augsburg, sich ganz offiziell mit dem Etikett „Umweltregion Europas“ zu schmücken und nicht nur bayernweit eine Vorreiterrolle in Sachen Umweltkompetenz zu erreichen. Im Interesse der Bevölkerung müsse die Schließung verhindert werden.

Sparen will die Stadt Augsburg auch an anderer Stelle, bei einem Jugendzentrum im Stadtteil Lechhausen beispielsweise oder bei freiwilligen sozialen Leistungen. Recht großzügig hingegen soll ein Stoff-Archiv bei einem in Konkurs gegangenen Textilhersteller bezuschußt werden. Der Rotstift wird auch bei einigen Sportvereinen kreisen. Doch beim Eishockeystadion wird eine geplante und noch dazu aufwendige Betonsanierung durchgeführt. Klaus Wittmann

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