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Mein Freund, der Wald, wurde versetzt

■ Wie beim Ausbau der Südostallee in Treptow ein Wasserschutzgebiet verkleinert, der Waldrand als Wildwuchs deklariert und von der Wasserschutzbehörde ein Jahr später ein Baustopp verhängt wurde

Dies ist die Geschichte, wie sich die Straßenlobby eines Wasserschutzgebiets bemächtigt. Es ist auch die Geschichte, wo der „Wildwuchs“ anfängt und der Wald beginnt. Vor allem aber ist es eine Geschichte, wie man Fakten schafft (und „Wildwuchs“ rodet) und selbst ein Baustopp nichts mehr retten kann, weil nichts mehr zu retten ist.

Tatort dieser ungewöhnlichen Geschichte ist die Südostallee, die Verlängerung der Neuköllner Sonnenallee auf Treptower Seite. Bis Ende letzten Jahres ein Kopfsteinpflasterweg zwischen zwei Alleereihen, sollte die Südostallee zur überörtlichen Verkehrsverbindung zwischen Neukölln und dem Adlergestell ausgebaut werden. Dies beschloß der Senat im Juli 1994 und legte auch gleich fest, wie: Die Fahrbahn sollte zwischen den Alleereihen zweispurig neugebaut werden. Für die Autolobby war das freilich eine erneute Grenzziehung, die zur Überschreitung geradezu herausforderte.

Im September letzten Jahres geschah es dann: Auf einer Länge von 350 Metern wurde der Waldrand zur Königsheide südlich der Allee gerodet. Der Grund: Das Bezirksamt Treptow hatte eigenmächtig die Bauplanungsunterlagen geändert und einen vierspurigen Ausbau der Straße (zwei Spuren innerhalb der Allee und zwei südlich davon) angeordnet. Als Grund gab der Treptower Baustadtrat Dieter Schmitz (SPD) an, es habe sich bei der Rodung um eine „ganz normale Maßnahme der Pflege und der Instandhaltung von Straßenland“ gehandelt, vergleichbar mit einem Zurückstutzen der Bäume, die nicht in die Höhe einer Hochspannungsleitung wachsen dürften.

Sekundiert wurde Schmitz vom Bau- und Autofreund in der Hauptverwaltung. Auf eine Anfrage des bündnisgrünen Verkehrsexperten Michael Cramer antwortete Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU), daß es sich bei dem angeblichen Wald lediglich um „Wildwuchs“ handelte, der im Auftrag des Tiefbauamtes entfernt worden sei. Im übrigen, so Klemann, sei dem Senat nicht bekannt, „daß die Beseitigung des Bewuchses im Zusammenhang mit der Straßenplanung stand“.

Ganz anders sieht das allerdings die Wasserschutzbehörde. Reichlich spät ordnete sie am vergangenen Dienstag einen Baustopp unter Androhung eines Zwangsgeldes von 48.000 Mark an. Begründung: Der neue Fahrstreifen liege in einer Schutzzone des Wasserwerks Johannisthal. Damit sei der Straßenbau illegal.

Ähnlich sieht dies wohl auch Umweltsenator Peter Strieder (SPD). Wie Michael Cramer mitteilte, habe Strieder im Verkehrsausschuß des Abgeordnetenhauses am Mittwoch sogar Details des Tathergangs verraten. Demnach seien kurz vor der Rodungsaktion im vergangenen September kurzerhand die Schutzzonenschilder des Wasserwerks „um das Maß der Verbreiterungsabsicht zurückversetzt worden, so daß auf eine wasserschutzrechtliche Genehmigung des Ausbaus – vermeintlich – verzichtet werden konnte“. Wer die Schilder verschoben hat, ist allerdings noch nicht ermittelt. So endet die Geschichte – vorläufig – mit der Forderung Cramers, den illegalen Ausbau zu stoppen, und der Aufforderung der taz an alle Augenzeugen dieses Schilderstreichs, sich baldmöglichst unter 25902232 zu melden. Uwe Rada

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