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Nie wieder Toskana

■ Auf ihren Parteitagen waren die CSU und die bayerischen Grünen auf der Suche nach der Zukunft - ohne Erfolg

München (taz) – Zukunft scheint irgendwie ein beliebtes Thema zu sein in dieser eher düsteren Gegenwart. So ist der CSU- Parteitag „Richtung Zukunft“ unterwegs, und Parteichef Theo Waigel will gar „der Zukunft Richtung geben“, wie er seine Rede überschrieben hat. Die bayerischen Grünen wollen ihrerseits das „zukunftsfähige Bayern“ finden, wie der Wahlspruch für ihren Parteitag lautet. Doch so einfach scheint die Suche nach der Zukunft nicht zu sein – was sich unter anderem daran zeigt, daß die Grünen ausschließlich über ihren internen Zoff der Gegenwart diskutieren und die CSU sich vor allem in den Diskussionen der Vergangenheit wiederfindet.

Die CSU will via „Zukunft“ vor allem die jungen Parteimitglieder ansprechen. So darf die Junge Union diesmal 110 Delegierte von 1.000 stellen, was auch deshalb erlaubt wurde, weil keine Personalentscheidungen anstehen. Sie alle werden von Theo Waigel im Internet-Café begrüßt – beinahe so herzlich wie Otto von Habsburg, der, wie Waigel in seiner Eröffnungsrede sagt, „mit seinen 85 Jahren noch jünger ist als mancher 15jährige“.

Die Jugend hat also bei der CSU neuerdings etwas zu sagen, was man vielleicht auch am Beispiel von Manfred Weber schildern kann. Er ist Leiter des Arbeitskreises Umwelt in der Jungen Union und hat in den letzten Monaten lange an einem Antrag zur Umweltpolitik gefeilt, in dem er fordert, „den Umweltverbrauch stärker zu besteuern“. Dieses Thema, begründet Weber, sei gerade für junge Menschen wichtig, woraufhin die Parteitagsregisseurin Monika Hohlmeier feststellt, der Antrag sei über acht Seiten lang: „Wir können so was hier nicht ausführlich diskutieren.“ Und Michael Glos, Landesgruppenchef in Bonn, ergänzt mit leicht angewidertem Tonfall, das seien ja „Argumente für die Einführung der Ökosteuer“.

Das Ergebnis: Webers Antrag wird an die Parteigremien überwiesen, was sich von einer Ablehnung nur dadurch unterscheidet, daß er nicht sofort beim Altpapier landet, sondern erst einmal ein paar Jahre in irgendwelchen Ordnern gelagert wird. „Ziemlich sauer“ ist er, sagt Manfred Weber nach der Abstimmung, bei der vier von 1.000 Delegierten auf seiner Seite waren. Irgendwie hatte Theo Waigel also recht mit seiner Bemerkung, „die CSU fordert die junge Generation“.

Szenenwechsel nach Erding, zum Parteitag der Grünen. Eine Debatte zum Thema „Zukunftsfähiges Deutschland“ lehnen die Delegierten am frühen Samstag nachmittag ab, weil jetzt der Moment gekommen scheint, den Ärger der letzten Monate rauszulassen. Und so müssen sich die beiden ausgeschiedenen Landeschefs Kurt Haymann und Barbara Hoffmann sowie der Fraktionschef im Landtag, Manfred Fleischer, jede Menge giftiger Kritik anhören: Die Partei sei in einem „jämmerlichen Zustand“, habe „kein Profil“; die Landtagsabgeordneten seien bestenfalls „fleißige Politbeamte, denen das Konzept fehlt“.

Nun könnte man vielleicht zur Metapher vom „reinigenden Gewitter“ greifen, das sich beim grünen Parteitag am Wochenende entladen hat, wenn solche Entladungen nicht schon rituellen Charakter hätten. Aber in Erding wiederholt sich nur das Schauspiel, das von den letzten Grünen-Parteitagen in Bayern schon bekannt ist: Eine stundenlange Debatte, ob man die Strukturen der Partei ändern soll, was die Mehrheit dann ablehnt. Lediglich ein Konsens war am Ende zu finden: „So kann's nicht weitergehen.“ Nur Ruth Paulig, Realpolitikerin und einzige Frau unter den sechs Kandidaten für die Posten der Parteispitze, hat noch Hoffnung auf ein Ende der Querelen. Und dafür wurde sie am gestrigen Sonntag dann auch gewählt; aus Angst, die Gleichberechtigung der Frauen zu gefährden, hatte sich die Landesversammlung für den Erhalt der Doppelspitze entschieden. Die Wahl des zweiten, gleichberechtigten Landesvorsitzenden, um dessen Amt sich fünf Männer bewarben, dauerte am Nachmittag noch an.

Fast beginnt man bei solchen grünen Debatten, Theo Waigel zu beneiden. Denn seine Delegierten in der Bayernhalle in München sind doch etwas leichter zu begeistern. Wenn er gegen die Freigabe weicher Drogen wettert, ist der Applaus der 1.000 CSU-Mitglieder sicher, die kurz zuvor mit einem Gutschein für drei Maß Bier beim Delegiertenabend empfangen wurden. Wenn er gegen die drohende „Volksfront“ wettert, sich für einen starken Euro einsetzt oder die Arbeitgeber auffordert, mehr Arbeitsplätze zu schaffen, kommt Beifall auf – manchmal etwas zögerlich vielleicht, doch insgesamt „herzlich“, wie der Sprecher von Stoiber anmerkt.

Überhaupt geben sich alle redliche Mühe, Waigel zu schonen. Eine Debatte über seine Haushaltspolitik findet nicht statt; der Gastredner Helmut Kohl warnt die FDP vor „einer Art Kleinkrieg“ mit dem Finanzminister, und Edmund Stoiber vermeidet fast jeden Nadelstich – nur am Ende von Stoibers eigener, wie immer eifernder Rede wird deutlich, um wieviel besser er bei den Delegierten ankommt: Minutenlanger Applaus, während Theo Waigel starr neben dem Siegertyp sitzen muß.

Eines jedenfalls läßt sich bei der CSU immer noch schnell abrufen: das Feindbild der Grünen als fortschritts-, technik- und bayernfeindlich. Theo Waigel versucht das zwar kaum, doch Edmund Stoiber läßt sich genüßlich aus: „Die Grünen sind die Partei, die die Werte zersetzt“, sagt er, und der Jubel der Basis ist ihm sicher. Dieses Klischee mußte der Sepp Daxenberger, grüner Bürgermeister von Waging, vor Augen gehabt haben, als er die grünen Delegierten aufrief, nicht nur wirtschaftspolitische Konzepte für die Schubladen zu verfassen, sondern auch in den verschiedenen Institutionen dafür zu kämpfen: „Gehts raus aus den Hinterzimmern, rein in die Verbände und nimmer in die Toskana.“ Felix Berth

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