: „Ein beispielloser krimineller Akt“
■ Anhaltende Proteste gegen Wahlmanipulationen in Serbien
Belgrad (dpa/taz) – Mehr als 5.000 Studenten haben sich gestern mittag im Zentrum Belgrads zu einer Protestkundgebung gegen die alleinregierenden Sozialisten versammelt. Sie werfen der Partei von Präsident Slobodan Milošević Wahlbetrug bei den Kommunalwahlen vor. „Unser Protest ist überparteilich, und wir kämpfen für einen Rechtsstaat, der den Willen der Wähler und der Gesetze respektieren muß“, heißt es in einem Aufruf. Auch Studenten in den Städten Niš und Kragujevac schlossen sich dem Protest an.
Die serbische Opposition demonstriert seit einer Woche gegen die Fälschung der Wahlergebnisse. Die von den Milošević-Sozialisten besetzten Wahlkommissionen und Gerichte annullierten die Ergebnisse nämlich nur in den 40 Bezirken und Städten, in denen das Oppositionsbündnis „Zajedno“ (Gemeinsam) gewonnen hatte.
„Die Diebe sind an die Macht gekommen“, wettert Vuk Drasković, Vorsitzender von „Zajedno“. „Hier wurde eine große Hetzjagd auf uns veranstaltet.“ Hatten die Anhänger von Zajedno noch am 17. November die Machtübernahme in den großen Städten des Landes gefeiert, sind daraus inzwischen Protestkundgebungen und Demonstrationen geworden. „Man kann aus dem Ganzen schließen, daß die Sozialisten auch nicht vor ungesetzlichen Mitteln zurückschrecken, da sie offenbar um jeden Preis den Großteil der Wahlergebnisse annullieren wollen, um im dritten Wahlgang das Ergebnis zu ihren Gunsten umzudrehen“, sagte gestern Slobodan Vucetić, zur Zeit noch Richter beim Verfassungsgericht Serbiens. Und diesen dritten Wahlgang kann Milošević für sich verbuchen, da die Opposition ihre Kandidaten aus Protest zurückgezogen hat.
Selbst die ultranationalistische „Radikale Partei Serbiens“, zu Kriegszeiten noch ein wichtiger Partner der Sozialisten, sprach von Betrug und Manipulationen. „Was hier geschieht, ist klarer Betrug und ein Wüten der Sozialisten“, sagt Generalsekretär Aleksandar Vućić. „Die Annullierung der Ergebnisse etwa in Belgrad ist ein beispielloser krimineller Akt.“
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