■ Die CDU in Sachsen-Anhalt quält sich mit der PDS: Magdeburg ist überall
Was Sie schon immer über Sachsen-Anhalt wissen wollten, aber nie zu fragen wagten: Hat bei der rot- grünen Minderheitsregierung in Magdeburg die PDS die Finger mit im Spiel? Um diese geheimnisumwitterte Frage zu beantworten, fuhr die CDU das schwerste Geschütz auf, das der Opposition zur Verfügung steht – das konstruktive Mißtrauensvotum gegen den Ministerpräsidenten –, und schickte ihren Chef Christoph Bergner ins Gefecht. Und diesem gelang gestern tatsächlich das schier Unmögliche: Er verlor zwar haushoch gegen Reinhard Höppner, aber schuf, so sagt er selbst, „Klarheit über die politischen Verhältnisse im Land“. Seit gestern wissen wir: Die PDS toleriert die rot-grüne Minderheitsregierung. Wer hätte das gedacht!
Man könnte es sich einfach machen und sagen, die sachsen-anhaltinische CDU hat den Überblick verloren, sie hat die Kritik der letzten Wochen an der Regierung überschätzt und sich in ein von vornherein aussichtsloses Unterfangen gestürzt. Und CDU-Fraktionschef Christoph Bergner hat bis heute persönlich nicht verwunden, daß Reinhard Höppner nach den Wahlen 1994 nicht die Große Koalition eingegangen ist. Seitdem sucht der CDU-Politiker geradezu masochistisch jede Gelegenheit, um sich mit Höppner anzulegen. Das alles spielt eine Rolle, aber man wird das Gefühl nicht los, daß die CDU diese Abstimmungsniederlage wollte und es ihr um nichts anderes ging, als Höppner mit der PDS vorzuführen.
Dabei ist Kritik an der rot-grünen Minderheitsregierung berechtigt. Das Höppner-Kabinett hat seinen anfänglichen Reformeifer längst verloren. Bei der Rettung des Maschinenbauunternehmens Sket hat es versagt. Und Sket war nur die letzte einer ganzen Reihe von Pannen. Aber die CDU kritisiert das nicht als Fehler einer aus dem Tritt geratenen Regierung, sondern als Fehler des Modells: Rot-Grün, toleriert von der PDS. Man könnte hinter dem gestrigen Mißtrauensvotum den CDU-Generalsekretär Peter Hintze vermuten, der seinen Rote-Socken-Wahlkampf für 1998 warmlaufen lassen wollte. Aber das wäre zuviel der höheren Regie. Die CDU im Osten quält sich eher richtungslos mit der Frage herum, an der sie leidet: Was darf man mit der PDS? Die Antwort kennt sie: Nichts! Aber sie befriedigt die CDU auf eigenartige Weise nicht. Wohl weil sie weiß, daß die PDS über kurz oder lang auch in Mecklenburg- Vorpommern und Thüringen mit am Regierungstisch sitzen wird. Magdeburg ist nicht nur in Sachsen-Anhalt. Jens König
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