: Repressionsstaat Togo
■ Togo verfolgt einen Journalisten, der die Geschäfte der Regierung aufdeckt
Lomé (taz) – Togos Gendarmerie und die anderen „Sicherheitskräfte“ des Landes benutzen gestohlene Luxusautos aus Kanada. Der Chefredakteur einer Oppositionszeitung berichtete darüber – am Montag wurde er vorübergehend verhaftet, nachdem „Unbekannte“ ihm bereits vor einer Woche nachts auflauerten. Diplomaten informierten die Presse, um den Journalisten zu schützen.
„Wir können zu dieser Affäre nicht schweigen.“ Der Herausgeber der Oppositionszeitung Le Combat du Peuple, Lucien Messan, bezichtigte die togoischen Sicherheitsbehörden in einem Artikel am Montag letzter Woche „schmutziger Geschäfte“ mit gestohlenen Luxuskarossen. Mindestens zwanzig in Kanada gestohlene Autos seien in der Hauptstadt Lomé gesichtet worden.
Messan wußte, daß er sich mit der Veröffentlichung in Gefahr begab, denn er brach ein ungeschriebenes Gesetz in Togo. Er berichtete über die togoischen „Sicherheitskräfte“ – das Standbein des autoritären Präsidenten Gnassingbe Eyadéma. Mittwoch nacht brachen Unbekannte in das Haus des Journalisten ein, durchsuchten es und schüchterten seine Frau ein. Am Montag wurde Messan verhaftet, gestern allerdings wieder freigelassen. „Er wurde ganz offensichtlich wegen seines Artikels bedroht“, sagt ein westlicher Diplomat, der Kontakt zu Messan aufnehmen konnte. Messan war, wie er selbst schreibt, bei seinen Recherchen gewarnt worden. Sein Fall offenbart, daß sich in den letzten Jahren in Togo nichts verbessert hat – im Gegenteil. Der privaten Presse drohen drakonische Strafen, wenn Tabus überschritten werden. Zeitungsherausgeber müssen mit Gefängnis, dem Publikationsverbot oder für togoische Verhältnisse unbezahlbaren Strafen rechnen. „Im Normalfall üben wir Selbstzensur“, sagt ein ehemaliger Redakteur einer Oppositionszeitung. Er weiß, wovon er spricht – er saß selbst acht Monate im Gefängnis, weil auch er ein Tabu brach, als er 1994 über die Kosten eines neuen gepanzerten Mercedes für Eyadéma berichtete. „Das Pressegesetz ist derart repressiv, daß man schon für Kleinigkeiten nicht unter einem Jahr bestraft wird.“
Eine relativ freie Presse hatte sich erst mit der Demokratisierungswelle Anfang der 90er Jahre entfalten können. Proteste der Bevölkerung hatten den früheren Strauß-Freund und Diktator Eyadéma zu Zugeständnissen gezwungen. Eine Nationalkonferenz entwarf eine neue Verfassung, eine Übergangsregierung wurde jedoch weitgehend am Arbeiten gehindert. Die Geberländer stoppten die Entwicklungshilfe, nachdem das Militär am 25. Januar 1993 auf Demonstranten geschossen und 25 Menschen getötet hatte. Auch die zwei Wahlen seit 1993 fanden unter fragwürdigen Bedingungen statt. Inzwischen hat sich Eyadéma in Nachwahlen im August die absolute Mehrheit im Parlament verschafft. Die Fassadendemokratie steht. Premierminister Kwassi Klutse, der heute und morgen in Bonn versucht, die eingefrorene Entwicklungszusammenarbeit zu reaktivieren, wird es schwer haben. ds
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen