piwik no script img

Teure Tricks und tote Hühner für den Transrapid

■ Betreibergesellschaft noch immer nicht gegründet. BUND will Konkurrenzzug

Berlin (taz) – „Es ist ein offenes Geheimnis, daß einige Baufirmen sich überlegen, wie es beim Transrapid für sie weitergeht“, sagt der FDP-Verkehrssprecher im Bundestag, Horst Friedrich. Noch immer ist die Betriebsgesellschaft für die Schwebebahn nicht gegründet, in die auch die drei Baukonzerne Hochtief, Holzmann und Bilfinger und Berger einsteigen sollen. 3,3 Milliarden Mark müßten sie zusammen mit den anderen Betreibern aufbringen, um 16 Transrapid-Züge zu kaufen und den Betrieb zu organisieren.

Doch eigentlich geht es den Baufirmen nur darum, die aus der Staatskasse finanzierte Trasse zu erstellen. Die Bundesregierung will ihnen dabei offenbar helfen. Zwar muß das Projekt nach EU- Recht europaweit ausgeschrieben werden. Wenn es aber nur einen Gesamtauftrag für Beton, Stahl und die Magnettrasse gibt, ist schon heute klar, wer den Zuschlag bekommt: Ein Konsortium unter der Führung von Siemens und Thyssen – denn in Europa hat sonst niemand Erfahrung mit Magnetschienen. Die Schienenexperten werden vermutlich ihre Kollegen aus der künftigen Betreibergesellschaft mit ins Boot nehmen, auch wenn ausländische Firmen die Betonstelzen billiger anfertigen würden. Die Rechnung zahlen schließlich die SteuerzahlerInnen.

Das sieht Peter Jablonski, Sprecher der Magnetbahn-Planungs- Gesellschaft MPG, naturgemäß anders. „Nur wenn die Wirtschaftlichkeit des Projekts stimmt, wird der Transrapid auch realisiert“, predigt er immer wieder. Daß die Betreibergesellschaft trotz anderslautender Ankündigungen immer noch nicht gegründet ist, sei kein Zeichen für eine Krise. Schließlich müsse die sich erst in ein paar Jahren um die Waggons kümmern, wenn die Trasse halb fertig sei.

Unterdessen hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gestern angekündigt, einen eigenen Bahnbetrieb auf der Strecke Berlin-Hamburg initiieren zu wollen, wenn der Transrapid weitergeplant wird und die Bahn AG deshalb ihren IC- Betrieb einstellt. „Der Transrapid- Trip soll fast das Doppelte einer Bahnfahrt kosten“, hat BUND- Verkehrsexperte Peter Westenberger ausgerechnet. Bei Mehrkosten von 120 Mark für eine Hin- und Rückfahrt mit dem Transrapid gegenüber einem Zug würden viele Leute gewißt die „marktwirtschaftliche Antwort auf eine nicht marktwirtschaftliche Planung“ bevorzugen.

Derweil wird der Transrapid im Emsland weiter getestet. Im Frühjahr hat sich eine Gummidichtung vom Fahrzeug gelöst und einen 16 Zentimeter dicken Baum gefällt. Weil Betonteile vom Fahrweg absplittern, sollen die Fugen jetzt mit Metallteilen verstärkt werden. Und nach der Kollision mit einer Wildente forderte die Genehmigungsbehörde eine Verstärkung des Bugs. Mit halbgefrorenen Hähnchen, die gegen das Führerhaus geschleudert werden, soll die Beulentoleranz des Transrapid geprüft werden. Das Problem: Jede Materialverstärkung macht das Fahrzeug schwerer und noch energiefressender. Annette Jensen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen