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"Liebe taz..." Keine "Dealer-Lobby" - betr.: "Polizei und Dealer gehen rassistisch gegen Dealer vor", taz vom 22.11.1996

Betr: taz-Artikel „Polizei und Dealer gehen rassistisch gegen Dealer vor“, vom 22.11. 1996

Das Zitat, das die taz als Überschrift verwendet, ist der freien Phantasie des Schreibers entsprungen. Weder das ARAB, noch die Flüchtlingsinitiative Bremen, noch Günter Wernder (Rechtsanwalt) haben es wörtlich oder sinngemäß verwendet. Unser Vorwurf lautet vielmehr, daß Polizei, Ausländerbehörde und BSAG unter dem Vorwand, die Drogenkriminalität zu bekämpfen, (afrikanische) Flüchtlinge einschüchtern, isolieren, ausgrenzen und von öffentlichen Orten verbannen wollen. Die von uns kritisierten Maßnahmen (Betretungsverbote, Hausfriedensbruchverfahren) sind unverhältnismäßig, rechtlich fragwürdig und kriminalistisch unsinnig – sie dienen der sozialen Säuberung.

Wir haben ausführlich dargestellt und mit Beispielen belegt, daß die Betretungsverbote in zahlreichen Fällen ausgesprochen werden, ohne daß der Vorwurf, „wegen Handelns mit Betäubungsmitteln in Erscheinung getreten zu sein“, seitens der Polizei belegt werden kann. Immer häufiger ergehen Betretungsverbote, ohne daß gegen die Betreffenden auch nur ermittelt würde, geschweige denn, daß es zu einer rechtskräftigen Verurteilung gekommen ist. Überprüfbare Maßstäbe gibt es nicht, manchmal genügt eine einfache ergebnislose Personenkontrolle, um als angeblicher Dealer mit der Sanktion belegt zu werden.

Der kurdische Asylbewerber, der eine Aufhebung des Betretungsverbotes erstritten hat, wird von der taz durch die Darstellung nachträglich als Drogendealer gebrandmarkt. Wir weisen erneut darauf hin, daß die Ausländerbehörde im Gerichtsverfahren weder willens noch in der Lage war, den Vorwurf zu belegen.

Die taz-LeserInnen müssen nach der Lektüre des Artikels den Eindruck gewinnen, ARAB, Flüchtlingsinitiative und Bremer AnwältInnen seien eine Art „Dealer-Lobby“. Damit habt Ihr Euch Borttschellers Weltsicht zu eigen gemacht. Offenbar trägt die politisch geschürte Hysterie ihre Früchte. Unser Wunsch war es, darauf aufmerksam zu machen, daß Freiheits rechte von Flüchtlingen tendenziell aufgehoben werden und daß Polizei und Ausländerbehörde im Begriff sind, ein Sanktions- und Strafsystem zu etablieren, das selbst den elementarsten Ansprüchen von Rechtsstaatlichkeit nicht genügt.

Flüchtlingsinitiative Bremen, Antirassismusbüro

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