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Zehnter Tag der Großdemonstrationen in Belgrad

■ Sozialistische Partei von Milošević erklärt sich zum Sieger der dritten Runde der Kommunalwahl. Zeitungen und Rundfunksender werden vom Regime geknebelt

Belgrad (AP/taz) – Einen Tag nach der Wiederholung der annullierten Kommunalwahl sind gestern erneut 30.000 Demonstranten durch die Straßen Belgrads gezogen. Bei der Abstimmung errang die Sozialistische Partei von Präsident Slobodan Milošević nach eigener Darstellung die Mehrheit im Stadtparlament. „Wut und Zorn sind heute größer als nach der schändlichen Siegproklamation“, sagte Oppositionsführer Vuk Drašković im unabhängigen Radiosender B-92.

Er rief die Belgrader gestern auf, zum zehntenmal in Folge zu demonstrieren. Die Erklärung Draškovićs wurde unterbrochen; offenbar wurde der Sender absichtlich abgeschaltet. Bereits zuvor wurden die Sendungen jedesmal unterbrochen, wenn Reporter vor Ort von den Demonstrationen berichteten. Dem Vernehmen nach übte die Regierung auch Druck auf die größte unabhängige Tageszeitung Blic aus, um diese zur Einstellung ihrer Berichterstattung über die Demonstrationen zu bewegen. Die staatliche Druckerei Borba lehnte aus „technischen Gründen“ den Druck der Zeitung ab. Der Chefredakteur des Blattes und sein Stellvertreter traten aus Protest von ihrem Amt zurück. Zuvor hatten sich mehr als 40 Journalisten von Blic öffentlich von den politischen Seiten in der gestrigen Ausgabe des Blattes distanziert. Sie wollten die Anordnung eines der Mitbesitzer, des Deutschen Peter Kellbel, weniger über die Demonstrationen zu berichten, nicht befolgen.

Gegen die Wiederholung der Wahl gab es seit Tagen Demonstrationen und Proteste der Opposition, die aus den regulären zwei Wahlgängen zuvor als Sieger hervorgegangen war. Am Montag und am Mittwoch beteiligten sich rund 100.000 Menschen an den Protesten, am Dienstag 80.000.

Das Fernsehen berichtete, ersten Auszählungsergebnissen zufolge habe Miloševićs Partei beim dritten Wahlgang am Mittwoch 35 Sitze errungen. In den vorangegangenen Wahlgängen erreichte sie 20 Sitze. Damit verfügt sie nun über 55 Sitze in der 110 Abgeordnete zählenden Versammlung. Ein Gericht hatte auf Antrag der Sozialisten, die den zweiten Wahlgang am 17. November verloren hatten, die Abstimmung für ungültig erklärt und die Wiederholung angeordnet. Der Aufruf der Opposition zum Boykott der Wahl am Mittwoch wurde Beobachtern zufolge weitgehend befolgt.

Oppositionsführer Drašković forderte am Mittwoch den Rücktritt Miloševićs. „Bis gestern haben wir für die Anerkennung unseres Wahlsiegs gekämpft“, sagte Drašković vor Demonstranten. Erstmals seit Beginn der Proteste unterstützte auch die orthodoxe Kirche Serbiens die Demonstranten. „Der freie Wille der Bürger muß respektiert werden“, hieß es in einer Erklärung.

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