: Gefälligkeiten unter Freunden
■ Vorteilsannahme: Mitarbeiter der Ausländerbehörde verurteilt
Gute Freunde waren sie geworden. Mal ging man zusammen essen, mal einen trinken, und wie das unter Freunden so ist, half man sich hier und dort mit kleinen Gefälligkeiten aus. Jusuf Ö. reparierte das Auto von Rainer B. oder schenkte ihm Klamotten. Der ließ ihm dafür beruflich eine „Sonderbehandlung“ zukommen – als Angestellter der Ausländerbehörde. Gestern wurde Rainer B. wegen Vorteilsannahme in acht Fällen – geschehen 1992 – vom Amtsgericht Altona zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt.
Schenkt man der Darstellung des inzwischen entlassenen Behördenmitarbeiters Glauben, wäre die Bezeichnung „korrupt“ allerdings weit gefehlt. Denn Rainer B. will nur das „Opfer der Freigebigkeit eines türkischen Mitbürgers“ geworden sein, wie Amtsrichter Reinhard Kloß ironisch zusammenfaßte. Die geschenkte Hose zum Beispiel, so entrüstete sich der Angeklagte nahezu, habe Jusuf Ö. ihm „zwangsläufig aufs Auge gedrückt“. Und die Bremsklötze seines Wagens, die wechselten auch wie von selbst von alt auf neu: „Wir haben uns nur an der Werkstatt getroffen. Ehe ich mich versah, war er am Schrauben.“
Gemessen daran schien er seine eigenen Gefälligkeiten gar nicht als solche registriert zu haben. Er verlängerte die Aufenthaltsgestattung des türkischen Bekannten und die von dessen Freunden noch dazu. Auch Asylfolgeanträge nahm er entgegen, um sie an die zuständigen Sachbearbeiter weiterzuleiten und die Bearbeitung zu beschleunigen. Und mußten seine „Kunden“ stundenlang vor der Ausländerbehörde auf Einlaß warten, holte sie der Behördenbedienstete auch schon mal an der Tür ab, um sie an den Wartenden vorbei in sein Büro zu führen.
Ob in der Ausländerbehörde denn nicht, wie beim Altonaer Amtsgericht, regelmäßig Rundschreiben vor der Entgegennahme von Geschenken warnten, will Richter Kloß von dem naiven Behördenmitarbeiter wissen. „Doch, aber das war schon so lange her“, antwortet dieser. Dennoch wird als strafmildernd gewertet, daß Rainer B. zum Schluß Einsicht gezeigt haben soll: „Ich habe wohl Mist gebaut – und bin dafür jetzt arbeitslos.“ Elke Spanner
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