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Tausend rote Herzen

■ Zur Welturaufführung von „Das gelbe Unterseeboot“

Viele, die Klaus Beyer zum ersten Mal sehen, sind sich nicht ganz sicher, ob sie den Kreuzberger Kerzenzieher, Entertainer, Sänger und Super-8-Filmer nun peinlich, kindisch oder klasse finden sollen. Manche entscheiden sich für das Adjektiv „schräg“, was nichts anderes meint, als daß die Dinge so mißlungen sind, daß man sie schon wieder großartig genießen kann.

Ob es die Dinge sind, die so genossen werden, oder ob sich der Zuschauer, der dies und das so superschräg findet, nicht eher in seiner ästhetischen Bescheidwisserarroganz selbst genießt und sich so dem seltsam-lustigen Werk von Klaus Beyer verschließt, anstatt fröhlich mitzusingen und bunte Luftballons durch die Gegend zu kicken, wenn alle wieder mitsingen: „Wir sind alle im gelben Unterseeboot, Unterseeboot, Unterseeboot“, will ich nicht entscheiden. In jedem Fall hilft die Kategorie des Schrägen nur wenig, die Arbeit des Künstlers zu verstehen. Würde ich mal sagen.

Nach unzähligen 3-Minuten-Filmen, seltsamen Sketchen, merkwürdigen Beatles-Vertonungen und diversen Entertainertouren durch West- und Ostdeutschland, bei denen er zuweilen von Jörg Buttgereit moderiert, von Stereo Total und seinem Manager Frank Behnke (Mutter) sowieso begleitet wurde, hat Klaus Beyer nun sein ehrgeizigstes Projekt vollendet. Zwei Jahre arbeitete der scheue „fünfte Beatle“ (Spiegel) an seiner Verfilmung des „Yellow Submarine“-Albums der Beatles, die anläßlich des 16. Todestages von John Lennon am 7.12. im Sputnik Wedding aufgeführt wird. Bei seiner 40minütigen, fragil-schönen Super-8-Film-Interpretation des schon einmal verfilmten Beatles- Albums bleibt Beyer wie immer eng am bunt-psychedelischen Original.

Ursprünglich hatte er sich in einem überdimensionalen U-Boot filmen wollen. Leider paßte das schon fertiggebastelte Requisit nicht mehr in die Kamera, die wie immer in Beyers Wohnzimmer per Selbstauslöser alle Szenen aufzeichnete. So arbeitete der Regisseur am Zeichentisch weiter, stellte sich aber ab und an auch vor die Kamera, um die Handlung der berühmten Songs mimisch zu begleiten. Zu „Was du brauchst ist Liebe“ gibt es eine Uhr mit Herzen statt Ziffern und einen umgedrehten Taschenrechner (38317); „Es ist zuviel“ inszeniert Beyer großartig und ungewohnt minimalistisch, vor allem hüpfen viele „I“ durchs Bild.

Irgendwann gibt es auch einen wunderschönen Live-Wohnzimmerauftritt von Klaus Beyer zu sehen, den Frank Behnke wohl mit einer Kamera filmte, die nicht nur zufällig an David Lynch erinnert (Behnke hatte mal in „Twin Peaks“ mitgemacht). Wie nett und gleichzeitig wie fern (vom Video abgefilmt) sehen die Omas, Kollegen und Freunde von Beyer aus, die da am Wohnzimmertisch sitzen, während er die Mitmachnummer („Alle nun zusammen“ enthusiastisch wie Daniel Johnston singt.

Irgendwann fliegen ein paar gemalte rote Herzen aus der Brust des Filmemachers zum Zuschauer hin und tausend rote Herzen kommen zurück, denn: „Die Liebe – sie ist überall / wenn du mehr gibst – kriegst du auch mehr / Und es ist mehr – es ist zuviel.“

„Wird es auch Unterwasseraufnahmen geben?“ hatte Jörg Buttgereit den Filmer gefragt. „Vielleicht, vielleicht auch nicht“, hatte Beyer, wie es seine Art ist, sibyllinisch geantwortet. Detlef Kuhlbrodt

„Das gelbe Unterseeboot“, Super-8, 40 Minuten, von und mit Klaus Beyer. Am 7.12. im Sputnik

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