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Grüne gegen Wachstums-Ilusionen

■ Kritik an Gewerbeflächen-Rausch der Großen Koalition

Es sei eine „Illusion“, daß Bremen explosionsartig expandiere, wenn nur genug Grünflächen planiert würden, mit dieser Kritik trat gestern die grüne Fraktionssprecherin Helga Trüpel dem „Gewerbeflächenrausch“ des Senats entgegen. In Bremen seien seit 1980 nicht mehr als 20-30 Hektar pro Jahr an Gewerbeflächen verkauft worden, in München oder Hamburg seien es auch nicht mehr als 30 Hektar. 600 Hektar Fläche seien in früheren Entscheidungen für Gewerbeansiedlung verplant – kein Bedarf also, zusätzlich die „Gigantomanie „Euro-Hansazentrum“ an der Autobahn A1 zu verfolgen oder in den Naturschutz des Hollerlandes einzugreifen. Auf der urspünglich für Siemens vorgesehenen Fläche seien noch 6-8 Hektar frei, wenn die Sendemasten von Radio Bremen endlich verlegt würden, wieder 21 Hektar. Auch dort also kein Mangel. Rund 40 Prozent der Unternehmen im Technologiepark hätten mit High Tech nichts zu tun, anstatt sie mit Sonderrabatten dorthin zu ziehen, sollte man sie mit Aufpreisen motivieren, sich doch besser woanders anzusiedeln.

Wenn vom Gewerbegebiet um den Flughafen geredet würde, dann sollten auch die riesigen Gleisanlagen des Straßenbahndepots einmal ins Auge gefaßt werden, erklärte Trüpel. Gleichzeitig unterstützt die grüne Opposition die Bestrebungen der Nachbargemeinde Achim, am Bremer Kreuz ein Gewerbegebiet gemeinsam zu erschließen und durch eine Verlegung des Autobahnanschlusses Uphusen verkehrlich besser anzubinden – der Verkehr zum Weserpark müßte sich dann auch nicht mehr durch Mahndorf quälen. Das Problem sei nicht der Flächenmangel, meinte Trüpel, sondern die Art der Wirtschaftsförderung. Der permanente „Kniefall“ vor den Unternehmen mache keinen guten Eindruck, die Rabatte auf Gewerbegrundstücke seien zu hoch. Mit einer „Landesentwicklungsgesellschaft“ nach saarländischem Vorbild, die auch die entsprechenden bauenden Ämter integrieren könnte, sollte die Wirtschaftsförderung interessierten Unternehmen „Ansiedlungspakete“ anbieten – wenn gewünscht mit schlüsselfertigen Büroetagen und Gebäudeverwaltung. Wirtschaftsförderung habe nur selten mit Neuansiedlungen zu tun, zu 80 Prozent würde nur die Umsiedlung eingesessener Unternehmen begleitet. Diese schlechte Bilanz zeigt für Trüpel, daß ein „großes Flächenangebot zu Dumpingpreisen“ zu kurz greife, Unternehmen ließen sich nur durch ein komplettes und unbürokratisches Service-Angebot locken. Die Modellrechnung des Finanzressorts, die zur Sanierung der Staatsfinanzen mit 40.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen bis zum Jahre 2004 und 55.000 zusätzlichen Einwohnern rechnet, sei „Illusion“, meinte Trüpel. K.W.

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