■ Vermittlungsausschuß beschließt Jahressteuergesetz 1997: Sieger und Verlierer sitzen überall
Zwei Schritt nach rechts, einer nach links. Am Ergebnis des Vermittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz 1997 zeigt sich, wie schwierig steuerliche Umverteilungspolitik heute ist. Die Sieger und Verlierer sitzen überall, nicht nur auf ihren angestammten Plätzen. So ist es indirekt auf die SPD zurückzuführen, daß die Gewerbekapitalsteuer vorerst nicht abgeschafft wird und daher möglicherweise im nächsten Jahr auch von Ost-Unternehmern zu zahlen ist. Ostdeutsche Industriearbeitsplätze würden dadurch zusätzlich gefährdet, befürchten jetzt die großen Wirtschaftsverbände und die Regierungsparteien. Mag sein. Die SPD aber muß sich der Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer vorerst verweigern, um nicht ihr letztes Pfand aus der Hand zu geben. Denn in der Frage der Beibehaltung der privaten Vermögenssteuer wollen die Sozialdemokraten den Streit wenigstens bis ins nächste Jahr verlängern, um ihr Gesicht zu wahren. Sinnvoll sind solche Tauschgeschäfte allerdings nicht.
Vermögende werden durch die neue Erbschafts- und Grunderwerbssteuer höher besteuert, aber durch den Wegfall der Vermögenssteuer noch stärker entlastet. Das Aufkommen aus der Erbschaftssteuer soll 2,5 Milliarden Mark mehr in die öffentlichen Kassen spülen, die höhere Grunderwerbssteuer bringt 5,25 Milliarden Mark mehr. Durch die Vermögenssteuer aber fallen 9,3 Milliarden Mark weg.
Zwei rechts, eins links, auch beim „Dienstmädchenprivileg“. Unterm Strich bleibt ein Vorteil für Besserverdienende. Die Regierungsparteien verdoppelten den steuerlich abzugsfähigen Betrag für die Kosten von Haushaltshilfen zuerst auf 24.000 Mark, die Sozis drückten ihn auf 18.000 Mark wieder herunter. Im Endeffekt können Besserverdienende statt heute 12.000 Mark künftig 18.000 Mark im Jahr an Kosten für eine Haushaltshilfe steuerlich absetzen. Inwieweit das zu mehr sozialversicherungsfreien Beschäftigungsverhältnissen führt, ist völlig unklar.
Das Hin und Her zeigt sich auch bei Kindergeld und Grundfreibetrag. Während das Kindergeld steigt, bleibt der steuerliche Grundfreibetrag vorerst gleich und wird erst im Jahr 1998 angehoben. Auch das bringt Milliarden. Und trifft vor allem Arbeitnehmer. Das Gezerre um das Jahressteuergesetz gibt immerhin einen Vorgeschmack, was bei der Diskussion um die Steuerreform bevorsteht. Es wird garantiert unerträglich werden. Barbara Dribbusch
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