„Mohammed geht es schlecht“

■ Weil die Behörde ihm nicht glaubte, wird ein jugendlicher Asylbewerber ins sächsische Halberstadt verschoben

Mohammed ist eine Ausnahme – und ein Pechvogel dazu.

Der junge Mann aus Sierra Leone gehört zu einer Minderheit von Flüchtlingen: Als er Ende letzten Jahres nach Deutschland kam und Asyl beantragte, war er noch keine 15 Jahre alt. Doch die Behörden glaubten ihm nicht. Folglich wurde er seither wie ein Erwachsener behandelt. Daran änderte auch eine medizinische Altersbestimmung per Röntgenaufnahme kaum etwas. Die bestätigte nachträglich zwar Mohammeds Angaben, daß er bei Einreise erst 15 war – und deshalb wie ein Jugendlicher hätte behandelt und geschützt werden müssen. Weil seit der Einreise aber Monate verstrichen waren – und damit auch der 16. Geburtstag des Asylberwerbers – galt Mohammed nach dem Asylgesetz nun doch wieder als Erwachsener.

Als solcher bekam er jetzt die Bahnfahrkarte ins sächsische Halberstadt in die Hand gedrückt. „Binnen 36 Stunden mußte Mohammed seine Habseligkeiten packen und seinen paar mühsam gefundenen Schulfreunden Tschüs sagen“, sagt Udo Caspers von der Bremer Flüchtlingsinitiative in der Friesenstraße (ehemals Schildstraße). Die Initiative ging bei der Sozialsenatorin erfolglos gegen die Verlegung Mohammeds vor.

„Ich konnte die Entscheidung der ZAST (Außenstelle des Asylbundesamtes, Anm. d. Red.) nicht rückgängig machen“, begründet der zuständige Behördenreferent Erhard Heintze seine Entscheidung. „Ja, das birgt menschliche Härte.“ Doch nachdem der erste Asylantrag Mohammeds gegenstandslos geworden war, weil er bei Antragstellung erst 15 war, habe Mohammed erneut Asyl beantragt. Damit kam er erneut in die Verschiebemaschinerie, die jeden Asylsuchenden trifft; er wurde als Erstantragsteller behandelt und einer Aufnahmestelle zugewiesen. Diesmal eben Halberstadt.

Der Grund für Mohammeds kurzfristigen Umzug liegt aus Sicht der Flüchtlingsinitiative allein beim Asylbundesamt: „Hätte die Behörde Mohammeds eigener Altersangabe geglaubt, wäre dem 15jährigen von Anfang an ein Amtsvormund bestellt worden“, sagt Udo Caspers. Dieser Vormund hätte zum Schutz des jungen Mannes jetzt sicher gegen die Verlegung Mohammeds protestiert. Denn daß der junge Westafrikaner Betreuung braucht, ist aktenkundig. Deshalb haben sich in Bremen Sozialarbeiter um ihn gekümmert. Sie bescheinigen Mohammed eine „gute Sozialprognose“. Daß der 16jährige von der Polizei auch einmal im Besitz von Drogen aufgegriffen worden war, gilt ihnen eher als Verfehlung eines wenig stabilen Jugendlichen – zumal Mohammed die meiste Zeit in Deutschland unter erwachsenen Flüchtlingen leben mußte.

Auf Mohammeds Platz im Wohnheim Nußdorf wird jetzt ein anderer Asylbewerber rücken. So sieht es das Gesetz vor. Dem jugendlichen Mohammed K. wünscht der Bremer Behördenreferent Heintze unterdessen alles Gute: „Ich hoffe, daß sich Herr K. in Halberstadt zurechtfinden wird.“ Die Flüchtlingsinitiative weiß bereits, daß dies nicht der Fall ist: Mohammed, der kein Englisch und nur gebrochen Deutsch spricht, habe in Halberstadt noch keinen Flüchtling getroffen, der ihm bei Übersetzungen und persönlichen Fragen helfen könnte, sagt Caspers „Mohammed geht es schlecht.“ ede