Kommentar (siehe S. 22)
: Falsche Statistiken

■ Ab wann sind Jugendliche kriminell?

„Glaube keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast“, lautet der erste Hauptsatz der empirischen Sozialforschung. Alle ProzentrechnerInnen haben in ihrer Ausbildung darüber geschmunzelt, bevor sie auf die Menschheit losgelassen wurden. Und auch jetzt haben sie wieder Grund dazu. Denn bei genauerem Hinsehen entpuppen sich die Zahlen des Innenressorts über die Jugendkriminalität als stark schwankende Größen. Zwar wurden im vergangenen Jahr mehr Kinder und Jugendliche als Tatverdächtige angezeigt als 1990, doch von einem alarmierenden Zuwachs kann - nach dieser Statistik - keine Rede sein. Also basta, finito, zurück zur Tagesordnung?

Nein. Denn alle ExpertInnen sind sich einig, daß sich hinter diesen Zahlen eine weit größere Dunkelziffer verbirgt. Zur Dunkelziffer zählt, daß das „Abziehen“ von Jacken, Schuhen und Portemonnaies unter Jugendlichen zum Volkssport geworden ist. Und dazu zählt auch die Beobachtung, daß das Vorgehen der jugendlichen StraftäterInnen immer brutaler wird.

Doch die gleichen ExpertInnen tappen im Dunkeln, wenn sie nach den Gründen gefragt werden. Da fallen Stichworte wie Jugendarbeitslosigkeit und Armut oder es wird gar von einem allgemeinen Werteverfall geschwafelt, bis eine neue Statistik das ganze Thema wieder aus den Schlagzeilen rückt.

Christoph Köster