piwik no script img

■ Press-SchlagVotava, wer wird dich vermissen?

Von den Höhen europäischen Spitzenfußballs ist Mirko Votava schon vor einiger Zeit herabgestiegen. Anno 1989 war es, als er den kleinen, dicken Maradona beim gloriosen Sieg des SV Werder Bremen über den SSC Neapel zudeckte. Aber ach, der Glanz der großen Fußballzeiten ist matt, und nun verläßt auch noch einer ihrer letzten Heroen nach elf Jahren den Verein.

Aber mußte Votava – bis zum vergangenen Samstag mit 40 Jahren ältester Feldspieler der Bundesliga – gestern unbedingt beim Zweitliga-Letzten VfB Oldenburg unterschreiben? Gibt es nicht irgendwo einen lauen Trainerjob für den Schein-Inhaber? Nein, das wäre nichts für einen wie Votava. Der letzte Gang nach Oldenburg ist typisch für den gebürtigen Tschechen. Er kann kein Ende finden.

Votava ist einer, der auf dem Platz auflebt. Nur auf dem Platz. Ansonsten schweigt er. Schweigt er einmal nicht, gibt er meist nur sprödes Zeug von sich. Von all seinen Worten bleibt allein ein Buchstabe in der Erinnerung haften: sein rollendes R.

„Rrrr“: Votava verläßt Werder Foto: Heddinga

In Oldenburg will Votava zur zentralen Figur werden, soll auch Trainer Hubert Hüring im Abstiegskampf beraten. Das ist doch eine Aufgabe. Bei Werder wäre er um ein Haar schmählich abserviert worden. Den großen Abgang hat er ohnehin verpaßt. Vielleicht wäre 1993 nach dem letzten Bremer Meistertitel ein guter Zeitpunkt gewesen. Oder vor dieser Saison. Aber es reichte ja immer zu einem soliden Stammplatz in der Werder-Elf. Dann reichte es plötzlich nicht mehr. Trainer Dörner plante erkennbar ohne ihn.

Vor drei Wochen durfte der ehemalige Kapitän erstmals nur noch auf der Tribüne mitleiden, als sich Werder gegen Borussia Dortmund eine Schlappe einfing. Zuletzt gegen Düsseldorf und 1860 München war er plötzlich wieder gut genug. Das ist schön, denn nun hat Votava die Ehre, als Stammspieler zu wechseln, der er praktisch immer war.

Negativ aufgefallen ist der Senior übrigens zuletzt nicht in der schlappen Werder- Truppe. Positiv aber eben auch nicht. So kennt man das. So war Mirko Votava. Drum werden sie ihn in Bremen auch nur dann vermissen, wenn sie nostalgisch werden und die Teams der großen Zeiten durchzählen. Joachim Fahrun

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen