: Der Wendekreis der Böschung
■ Für große Containerschiffe ist die Elbe zu schmal, auch wenn sie tiefer wird
Der norddeutsch-ministerpräsidiale Segen für die umstrittene Elbvertiefung wird den großen Containerschiffen wenig nützen: Die 300-Meter-Frachter werden nach dem Ausbaggern der Fahrrinnen auf 13,80 Meter zwar unabhängig von der Tide in den Hamburger Hafen ein- und auslaufen können. Ihre künftigen Liegeplätze in Altenwerder aber dürften sie kaum unbeschadet erreichen: Die GAL will über Informationen verfügen, wonach der geplante Dreh- und Wendekreis an der nördlichen Einfahrt zu Altenwerder viel zu eng für die Schiffe sei.
Bei Computersimulationen der Fachhochschule Hamburg, Fachbereich Seefahrt, sei fast jedes zweite Schiff bei Dreh-, Wende- oder Anlegemanövern „leider in der Böschung“ statt glücklich neben der Kaimauer gelandet. Die Fachhochschule äußerte sich gestern nicht zu den Vorwürfen, die Wirtschaftsbehörde dementierte sie: „Wir bauen doch keinen Hafen, den die Schiffe nicht anfahren können“, beteuerte Sprecher Rainer Erbe. Sollte es wider Erwarten Probleme geben, von denen er „nichts gehört“ habe, müsse notfalls „etwas mehr Land abgehobelt werden“. Das könne dann gleich zur Aufschüttung Altenwerders verwendet werden. Allerdings, räumt Erbe ein, werde es „im Endausbau vermutlich“ statt nur eines einzigen Drehkreises im Norden nun auch noch „einen zweiten im Süden geben“.
Diese Notwendigkeit hatte der Sicherheitsausschuß der Hamburger Hafenlotsen bereits im Sommer 1995 erkannt und dem Senat mitgeteilt. Denn die Wasserstraße ist so eng, daß Experten fürchten, ohne zweiten Drehkreis paßten nicht einmal zwei Containerschiffe aneinander vorbei. Die Zusatzkosten (rund 26 Millionen Mark) sollen im Gesamtfinanzierungskonzept von Altenwerder enthalten sein – das nur leider noch immer nicht gesichtet wurde.
Unterdessen gratulieren sich Hamburgs Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus (parteilos) und Bundesverkehrsminister Mathias Wissmann (CDU) zur nunmehr politisch beschlossenen Elbvertiefung um die Wette. Bereits 1997 könne das erste Baggergut aus der Elbe herausgeholt werden, prahlte Rittershaus gestern. Zeitverzögernden Klagen von Elbfischern gegen den ökologisch wie ökonomisch umstrittenen Eingriff sieht er humorvoll entgegen. Heike Haarhoff
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