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■ Ecstasy-Reports statt Glamour: Die Zeitschrift „Xtreme“

Wenn man schon eine Idee älter ist, wird einem der Attica Futura Verlag nicht gerade ein Begriff sein. Der Verlagsgruppe des Medienmoguls Rubert Murdoch zugehörig, vertreibt Attica Futura in Deutschland Lektüre für die Teens: Hit!, Hit! Postercollection, Hit! Spezial, Hot!, Sandy und das Boyzone Magazin. Mit Xtreme versucht man sich dieser Tage an einer größeren und älteren Zielgruppe. Den Musikzeitschriften und den Alles-und-nichts-Mags wie Prinz oder Max will man die Marktanteile streitig machen.

Nun hat man über die Toten Hosen, Madonna und OMC, Ecstasy- und Club-Reports zwar auch schon woanders gelesen, aber die Macher von Xtreme sind guten Mutes. Wer „schräg, schrill und frech“ sein will, wer sich den „gesunden Irrsinn“ auf seine Fahnen geschrieben hat und trotzdem nicht „zwanghaft den neuesten Trends hinterherlaufen will“, kann so falsch nicht liegen.

Wer dann noch MTV als „starken Partner“ hat, müßte eigentlich alles richtig machen. MTV, selbst finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet, nutzt Xtreme als günstige Werbefläche. Links oben auf dem Cover: das MTV-Logo; im Heft: das gesamte MTV-Programm, die MTV Music Awards und MTV- VJane Kimsy Reischasch. Das Know-how, das MTV im Gegenzug liefert („Infos, Interviews und Ideen, die sonst keiner hat“), ist jedoch eher rudimentär. Zumal MTV auch nur bedingt als Nabel des Lifestyle gelten dürfte. Ein paar mal wenigstens kommen Ahnungen an Mags wie ID oder The Face auf – in Deutschland eine noch immer nicht konsequent besetzte Lücke.

Xtreme aber ist dafür zu nah am Mainstream und an MTV, zu abhängig von Verlagsvorgaben und allzu inhaltslos und unglamourös. Und wenn man dann liest, daß Evan Dando „monströsen Rock“ macht, der New Yorker Consciousness-Rapper Jeru The Damaja „ein düsterer Gangster“ ist und die 20 aufgespürten Londoner Clubs die idealen Orte sind zum „Trinken, Turteln, Tanzen und an die Tüten denken“, dann bleibt einem nur noch das Nasepopeln – und der Rat an den Verlag: Schuster, bleib bei deinen Leisten!

Man soll ja nicht unken, aber ich verwette mein Max-Abo darauf, daß Xtreme (mit einer Auflage von 250.000) nicht länger als ein halbes Jahr in den Zeitschriftenregalen herumliegen wird. Gerrit Bartels

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