■ Vorschlag: Ab in die Ausgehkleidung: Neosoul mit Blackstreet im Huxley's
Ein Mauerblümchendasein fristet die schwarze Musikspielart Neosoul und R&B bei uns, das änderte sich auch nicht durch die Einführung von Swingbeat, einem Stil, der die modernere, weniger schwitzige Variante von R&B darstellt und soundtechnisch zwingender rüberkommt, eine Idee mehr groovt und knallt. In den USA rollt dieser Sound enorm und wird dort größtenteils konsumiert von einer aufstrebenden schwarzen Mittelklasse, die good bye den Ghettos (und damit HipHop) sagen konnte. Schön und sexy wollen R&B und Swingbeat sein, und als soziale Realität transportieren sie nichts anderes als die eigene Erfolgsgeschichte.
In Deutschland versucht man sich zwar immer mal wieder daran, Acts wie Babyface, Alexander O'Neal oder auch Montell Jordan zu featuren, doch Interesse und Akzeptanz bleiben spärlich (oder auf den Universalpop der Jackson-Geschwister beschränkt.) Blackstreet sind vor allem wegen eines Mannes interessant, wegen Teddy „Street“ Riley: Er ist einer der bekanntesten Produzenten, Komponisten und Sänger in diesem Genre. Er hat für Michael Jackson, Bobby Brown oder Heavy D. schon an den Reglern gesessen, die Platin bedeuten, ist bei Blackstreet Mädchen für alles und transportiert natürlich auch hier die typische Philosophie des Genres.
Einen „unbedingten Siegeswillen“ attestierte ihm das Info zum zweiten Blackstreet-Album „Another Level“, und sein Bandkollege Chauney Hannibal weiß angesichts einiger Umbesetzungen bei Blackstreet, daß man sich dadurch erst recht „in einer eindeutigen Gewinnersituation befunden hat, egal von welcher Seite man es betrachtet“. Am eindeutigsten allerdings äußerte sich Riley kürzlich zum East/West-Battle der HipHopper: „I don't wanna be involved with that. Because it stops my growth, and it stops me from making the money. I like making money with everybody.“
Auf „Another Level“ macht er das u.a. mit Dr. Dre, der ja seinerseits gerade auf seinem Album „Aftermath“ den Bogen zwischen HipHop und R&B zu spannen versucht hat, und der zum Erfolgshit „No Diggity“ knarzig ein paar Reime beisteuert. Wiewohl gewöhnungsbedürftig, ist „Another Level“ ingesamt funkiger, baßlastiger und verspielter als vergleichbare Produktionen, und auch scheut Riley sich nicht, „Can't Buy Me Love“ von den Beatles zu covern – allerdings in einer Art, die nur noch den Titel und die reine Schmusewolle überläßt. Also: Ab in die Ausgehkleidung, die Sonnenbrillen auf und schnurstracks ins Land von Love und Soul! Gerrit Bartels
Blackstreet, ab 21 Uhr im Huxley's jr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen