: Mit Nachnamen Paradisee
Teile von ihr werden fünfzig: „Der Club der Teufelinnen“ mit Bette Midler, Goldie Hawn und Diane Keaton ist ein Film von Hugh Wilson für verlassene Frauen. Ivana Trump rät: „Werdet nicht depressiv, werdet raffgierig!“ ■ Von Anke Westphal
Lynn Landon und Jackie Joseph gründeten 1982 in Los Angeles eine Selbsthilfegruppe. Beide waren von ihren Männern verlassen worden, Lynn von Michael Landon, dem „Engel auf Erden“, Jackie von Ken Berry. Sie nannten den Club „L.A.D.I.E.S.“, eine Abkürzung für „Life after divorce is eventually sane“. Die Regenbogenpresse schrieb damals, „daß der abgelegte Hollywood-Schutt sich zusammentut, um die Trauben zu säuern“, eine ebenso unrichtige wie sexistische Feststellung. Den Club-Gründerinnen ging es darum, nach der Trennung mit ihrem Leben neu weiterzumachen, insbesondere mit seinem gesellschaftlichen Teil, denn, so Jackie Joseph, „wenn du mit einem (Hollywood-)Helden verheiratet warst, mußt du es gewesen sein, die etwas falsch gemacht hat – so denkt man hier.“ Jetzt adaptierte Hollywood die Geschichte, verlegte ihre Handlung nach New York, eine Stadt, die den schönen Schein nicht so vordergründig pflegt, und besetzte – erstaunlich genug – drei Fünfzigjährige in den Hauptrollen. Der Film, der im Original „The First Wives Club“ heißt, beschert Bette Midler, Goldie Hawn und Diane Keaton derzeit einen zweiten Karrierefrühling.
Brenda (Bette Midler), Elise (Goldie Hawn) und Annie (Diane Keaton) treffen sich bei der Beerdigung einer Collegefreundin, die Selbstmord begangen hat, nachdem sie von ihrem Mann gegen ein jüngeres Modell, eine sogenannte Trophy Woman, eingetauscht wurde. Eine Demütigung, die bald auch Brenda, Elise und Annie wiederfährt. Sie tun sich zusammen, um es ihren Ex heimzuzahlen. Die Gesellschaftsdame Ivana Trump, behangen mit allen Juwelen des Emirats Dubai, rät ihnen, wie das am besten anzustellen ist. „Der Club der Teufelinnen“ ist ein hübscher und lustiger Frauenmagazin- Film – in etwa so, wie „From Dusk Till Dawn“ ein, nun ja, Jungen- „Sportstudio“-Film ist. Allerlei tendenziöse Dummheiten sind über Hugh Wilsons („Police Academy“) Regiearbeit vermeldet worden, zum Beispiel die, daß das amerikanische Filmpublikum von „The First Wives Club“ sich vornehmlich aus geschiedenen Frauen mittleren Alters zusammensetzt, die Brillen tragen. Was will man uns damit sagen, daß jüngere Frauen ohne Brillen nicht geschieden werden? Man muß keine jüngere „erste Ehefrau“ ohne Brille – wie ich – gewesen sein, um zu ahnen, daß „jede Scheidung ihren Preis hat“. So jedenfalls lautet die Unterzeile auf den Filmplakaten, doch zutreffender ist, daß „jede Zurückweisung ihren Preis hat“. „Der Club der Teufelinnen“ ist ein Film darüber und einer über die Unsicherheit der Liebe.
Bekanntlich sind die berühmtesten Rächerinnen der Mythologie Medea, Salome und Elektra, verglichen mit deren Rachephantasien sich die von Brenda, Elise und Annie ausnehmen wie Ratschläge aus dem Ladies Home Journal, sprich: Die beste Rache sind ein blendendes Aussehen, neue Liebhaber und florierende Geschäfte. Das glamouröse Make-over ist nicht erst seit „Funny Face“ und Audrey Hepburn eine gleichermaßen beliebte wie heikle Angelegenheit. Die komplexbeladene Barbra Streisand hat in ihrem neuen Film „The Mirror Has Two Faces“ wieder mal eines, und Brenda, die ihre letzten Jahre in sackartigen Gewändern und mit Pudeldauerwelle verbrachte, schlüpft raus aus der Depression und rein in ein weißes Kostüm – das ihrer Fülle ausgezeichnet steht. „Ich habe eine Taille, ich habe Beine!“
„Der Club der Teufelinnen“ liefert das Modell einer Karikatur der Selbstoptimierung, den Schönheitswahn, gleich mit: Elise ist so oft geliftet, daß sie sich „den Lidschatten auf die Lippen schmieren“ kann. Annie wird von Diane Keaton als anfänglich verwirrte Trine gespielt, die mit Nachnamen ausgerechnet „Paradisee“ heißt, die therapiesüchtig ist und deren Mann sie mit ihrer Sextherapeutin betrügt.
Es gab Ärger: zwischen Bette Midler, einer ganz und gar nicht reizenden Kollegin, und Goldie Hawn, Ärger mit dem Drehbuch, dem Starttermin, mit allem. Die in letzter Minute hinzugezogene Premiere-Kolumnistin Libby Gelman- Waxner alias Paul Rudnick („Jeffrey“) rettete die Dialoge durch einen Stich hier und einen Tritt dort. Jetzt fechten in diesem Film alle gegen alle, eine Parade an Schlagfertigkeit, für die man die eigene Großmutter verkaufen würde. Der Film läuft immer dann zu Bestform auf, wenn Bette Midler auftaucht. Ihre Brenda ist erfrischend wenig subtil. Jede ihrer Regungen übersetzt sich eins zu eins in Mienenspiel. Brendas beträchtliche Bosheit und Verstandesschärfe entsprechen dem Ausmaß ihrer Hüften und Brüste. Nichts kränkt sie mehr als die lächerlichen Maße der neuen Geliebten ihres Noch-Gatten. „Wo wartet denn deine Freundin“, giftet Brenda, „etwa im Handschuhfach?“
Wer wirklich leidet, ist natürlich nur im glücklichsten Fall imstande, sich clever zu rächen, aber das ist nicht das Thema. Brenda jedenfalls hat immer ein Messer in der Tasche. „Teile von ihr werden fünfzig“, knurrt sie, als Annie dem ewigen Teenager Elise zum guten Aussehen gratuliert.
„Der Club der Teufelinnen“. Regie: Hugh Wilson. Mit Bette Midler, Goldie Hawn, Diane Keaton, Maggie Smith. USA 1996
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