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Vorsorgliche Lohnkürzung bei ABM

■ Freie Träger zahlen trotz fehlender Regelung der Bundesanstalt für Arbeit nur noch 80 Prozent im Krankheitsfall. Die Träger wehren sich gegen Tarifverträge, die die Lohnfortzahlung garantieren könnten

Bundesweit haben die Gewerkschaften sie gerade verhindert – in Berlin trifft die verminderte Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ABM-Beschäftigte jetzt schon. Obwohl die Senatsverwaltung für Arbeit empfohlen hat, bis zu einer bundesweiten einheitlichen Regelung für ABM-Kräfte weiterhin „unter Vorbehalt“ 100 Prozent Lohn im Krankheitsfall auszuzahlen, wendet eine Mehrzahl der ABM-Träger eine solche Regelung nicht an. So zahlt zum Beispiel der Solaranlagenbauer Atlantis, mit 270 ABM-Kräften eine der größten ABM-Trägergesellschaften der Stadt, bereits seit dem 1.Oktober ABM-Beschäftigten bei Krankheit nur 80 Prozent Lohn.

Bisher gibt es noch keine Regelung der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für Beschäftigte des Zweiten Arbeitsmarktes. Seit dem 1. Oktober gilt bundesweit durch das „Entgeltfortzahlungsgesetz“, daß 20 Prozent Lohn im Krankheitsfall gekürzt werden – sofern keine eindeutige tarifvertragliche Absicherung besteht. ABM-Beschäftigte sind aber nur in Ausnahmefällen tarifvertraglich abgesichert.

Atlantis-Geschäftsführer Uwe Glunz begründet die vorsorgliche Lohnkürzung mit einem „zu hohen finanziellen Risiko“. Es sei „unzumutbar“, die 20 Prozent Lohnkosten im voraus zu zahlen und sie nach einer Entscheidung der Bundesanstalt möglicherweise nicht von den Arbeitsämtern, mit denen die Löhne und anfallenden Kosten abgerechnet werden, zurückzubekommen. Auch Eckhard Schäfer von „A3“, dem Dachverband der freien Träger im Westteil der Stadt, bestätigte gegenüber der taz, daß 90 Prozent der Träger seines Verbandes, die ABMler beschäftigten – rund 15 Projekte –, ebenfalls nur 80 Prozent im Krankheitsfall zahlten. Es herrsche eine „große Unsicherheit“ bei den Trägern: „Das Betriebsrisiko ist zu hoch, Ausgaben zu machen, die möglicherweise nicht abrechenbar sind.“ Um welche Träger es sich dabei handelt, wollte er nicht sagen.

Dabei gibt es eine Möglichkeit, die Lohnfortzahlung dennoch zu gewährleisten. Die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) hat den Dachverbänden der freien Träger im West- und Ostteil der Stadt angeboten, einen Manteltarifvertrag zu vereinbaren, der die allgemeinen Arbeitsbedingungen, also auch die volle Entgeltfortzahlung regelt. Denn es gebe, so ÖTV-Sekretär Norbert Konkol, in der Bundesanstalt für Arbeit und im Landesarbeitsamt die Tendenz, für ABM zukünftig tarifliche Regelungen zu akzeptieren.

Doch die ABM-Verbände stehen einem solchen Vertrag skeptisch gegenüber. Atlantis-Geschäftsführer Glunz lehnt einen solche Vereinbarung mit den Gewerkschaften ab, da eine Tarifbindung keine Möglichkeit für individuelle „Zusatzvereinbarungen“ – beispielsweise Absprachen über Arbeitserleichterungen für alleinerziehende Mütter – für seine Beschäftigten offenließe. Auch Eckhard Schäfer sieht in einer Tarifbindung „Risiken“. Doch bei den Atlantis ABM-Beschäftigten sieht das anders aus. „Die meisten von uns wollen einen Vertrag aushandeln“, sagt eine Atlantis-ABMlerin. Sie fordert eine Betriebsversammlung aller Beschäftigten, um die Entgeltfortzahlung zu diskutieren. Julia Naumann

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