: Ein Mann mit diplomatischem Geschick
■ Morgen wird die UN-Vollversammlung den Ghanaer Kofi Annan zum neuen Generalsekretär wählen. Der zukünftige Mann an der Spitze der Weltorganisation will zuerst ausstehende Schulden eintreiben
Berlin (taz/wps) – Das ungeschriebene Gesetz der UNO, wonach der afrikanische Kontinent auch in den kommenden fünf Jahren den Generalsekretär der Weltorganisation stellen muß, bleibt in Kraft. Am Samstag morgen einigte sich der Weltsicherheitsrat nach Wochen heftiger Querelen auf die Kandidatur des 58jährigen Ghanaers Kofi Annan. Damit hat die US- Regierung ihren Wunschkandidaten gegen eine breite UN-Mehrheit durchgebracht. Wenn die Vollversammlung der Vereinten Nationen morgen diesem Vorschlag erwartungsgemäß zustimmt, wird Kofi Annan der siebte Generalsekretär an der Spitze der Weltorganisation.
Annan, der seit 1993 Stellvertreter von Butros Ghali und Leiter der UN-Friedensmissionen ist, steht seit mehr als 30 Jahren im Dienste der Vereinten Nationen. Er gilt, insbesondere den USA, als ein fähiger Technokrat mit diplomatischem Geschick. Annan, der in eine Familie von traditionellen Stammesführern hineingeboren wurde, begann seine universitäre Ausbildung noch in Ghana. Mit einem Stipendium der Ford-Foundation kam er 1959 an das Macalester College von St. Paul im US- Bundesstaat Minnesota. Hier studierte er Wirtschaftswissenschaften. Dem schloß sich noch ein Managementstudium am bekannten Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston an.
Als Verwaltungs- und Haushaltsbeamter trat er 1962 bei der Weltgesundheitsbehörde (WHO) in Genf seinen ersten UN-Job an. In den folgenden Jahrzehnten bekleidete Annan eine Reihe von Ämtern und Funktionen, vor allem im Personal- und Verwaltungsbereich der UN-Institutionen. Und das an vielen Orten wie Addis Abebba, Kairo, New York oder Genf. Mitte der 70er Jahre kehrte er für zwei Jahre nach Ghana zurück, wo er Tourismusdirektor war. Er gilt seinen Mitarbeitern gegenüber als umgänglich und kollegial, ja sogar humorvoll. Als er auf die Bedingung Frankreichs aufmerksam gemacht wurde, daß er auch französisch sprechen müsse, antwortete er: „Ich spreche jetzt Englisch mit französischem Akzent.“ Der bosnische UN-Botschafter, Mohammed Saćirbey, sagt von Annan: „Die Menschen vertrauen ihm, denn er ist glaubwürdig.“ Ehemalige Kommilitonen loben seine „ruhige Eleganz“. Er habe seine Ansichten stets konsequent verfolgt und durchsetzen wollen, aber ein gewisses Understatement bewahrt.
Annan ist in zweiter Ehe mit der Schwedin Nane Cronstedt verheiratet. Nane Cronstedt ist die Nichte des Diplomaten Raoul Wallenberg, der im Zweiten Weltkrieg Tausende Juden in Ungarn von den Nazis loskaufte. Die für seinen Aufstieg notwendige Gunst der US-Regierung erwarb sich Annan 1991, als er im Golfkrieg mit der irakischen Regierung über die Freilassung westlicher Geiseln verhandelte und sich um das Schicksal von einer halben Million Arbeitsemigranten kümmerte, die in Kuwait festsaßen. Als stellvertretender Generalsekretär war er für die Blauhelmeinsätze in Somalia, Ruanda und Bosnien zuständig.
Seine künftige Amtsführung hat Annan bereits umrissen. Als Generalsekretär will er dafür sorgen, daß alle Staaten ihre Schulden bei der UNO bezahlen, auch die USA. Nach dem Ende des Kalten Kriegs, so Annan, müsse die Rolle der UNO neu definiert werden. gb
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