: Notbremse gegen Ausländerrecht
Gremien des Bundesrats haben „verfassungs- und völkerrechtliche Bedenken“ gegen Verschärfung des Ausländerrechts. Der Gesetzentwurf soll nun in den Vermittlungsausschuß ■ Von Vera Gaserow
Berlin (taz) – Die umstrittene Änderung des Ausländergesetzes, die nach dem Willen der Koalition am 19. Dezember den Bundesrat passieren sollte, wird in seiner geplanten Form kaum Rechtskraft erlangen. Unter der Federführung des Innenausschusses haben die zuständigen Gremien der Länderkammer empfohlen, das Gesetzespaket an den Vermittlungsausschuß zu überweisen – „mit dem Ziel einer grundlegenden Überarbeitung“. Gleich mehrere der geplanten Änderungen stoßen auf „erhebliche verfassungs- und völkerrechtliche Bedenken“.
Besonders gegen die Verschärfung der Ausweisungsbestimmungen für straffällige Ausländer erheben die Ausschüsse ihre Kritik. Nach dem geplanten Gesetz, so monieren sie, hätten die Behörden selbst bei Minderjährigen und bei in Deutschland geborenen Ausländern keinen Ermessensspielraum mehr, auf eine Ausweisung im Anschluß an eine verbüßte Haftstrafe zu verzichten. Auch eine günstige Sozialprognose schütze straffällig gewordene ausländische Jugendliche nicht mehr vor der Ausweisung, die eine „Doppelbestraftung“ bedeute. Solche Regelungen stünden im Widerspruch zu anderen integrationsrechtlichen Verbesserungen des Gesetzes.
Auch die Koalitionspläne, den Abschiebeschutz für Flüchtlinge einzuschränken, stößt auf Bedenken der Bundesratsausschüsse. Sie verlangen Neuverhandlung beim eigenständigen Aufenthaltsrecht für ausländische Ehefrauen, das auch künftig an eine – wenn auch verkürzte – Wartefrist gebunden ist. Eine solche Frist, so der Bundesrat, sei nicht vertretbar, wenn sie Frauen dazu zwinge, physische und psychische Mißhandlungen in der Ehe zu ertragen.
Anders als im Gesetz vorgesehen, empfehlen die Ausschüsse dem Vermittlungssausschuß, die Aufenthaltsjahre von ehemaligen DDR-Vertragsarbeiter nicht nur zur Hälfte, sondern voll bei der Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis anzurechnen.
Neben diesen Forderungen, die der Änderung des Ausländergesetzes einige Härten nehmen würden, verlangen die Bundesratsausschüsse auch einige Verschärfungen. So sollen ausländerrechtliche Duldungen, die länger als ein Jahr andauerten, mit nur einmonatiger Ankündigungsfrist aufgehoben werden können, um Abschiebungen zu beschleunigen. Bisher ist dafür eine mindestens dreimonatige Vorabankündigung nötig. Außerdem empfiehlt das Gremium eine erkennungsdienstliche Behandlung für Bürgerkriegsflüchtlinge und eine Mitwirkungspflicht von Ausländern bei Gesundheitsuntersuchungen – wie sie bisher für Asylbewerber gilt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen