: Carsten Wolf hängt zwischen Freispruch und lebenslänglich
■ Nach den Plädoyers wird am Donnerstag das Urteil erwartet
Eine lebenslange Haftstrafe wegen Totschlags in einem besonders schweren Fall hat am Dienstag die Staatsanwaltschaft im Prozeß gegen den Bremer Carsten Wolf gefordert.
Dagegen plädierte die Verteidigung vor dem Bremer Landgericht auf Freispruch aus Mangel an Beweisen. Wolf ist des dreifachen Totschlags an seiner Ehefrau Silke und den beiden gemeinsamen Kindern Fabian und Jana angeklagt. Das Urteil wird nach einer um einen Tag verlängerten Beratungszeit des Gerichts am Donnerstag erwartet.
Wolfs Verteidiger Armin von Döllen argumentierte, seinem Mandanten sei die Tat nicht mit der notwendigen Sicherheit nachzuweisen.
Die Staatsanwaltschaft ging dagegen davon aus, daß kein anderer als der Vater Fabian (vier Jahre) und Jana (drei Monate) getötet haben könne. Es gebe „nicht den allerkleinsten Grund für die Annahme, daß Silke Wolf ihre Kinder getötet hat“, sagte Staatsanwalt Frank Repmann in seinem Plädoyer.
Verteidiger von Döllen wies darauf hin, daß es laut Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für eine Verurteilung wegen Totschlags in besonders schwerem Fall erforderlich sei , daß ein Plan zielstrebig und kaltblütig in die Tat umgesetzt wurde. Dies könne von Wolf nicht gesagt werden. „Wer Leichen wegschafft, muß nicht getötet haben“, erklärte der Anwalt. Wolf hatte in dem Prozeß geschwiegen, im Ermittlungsverfahren aber zugegeben, die Leichen seiner Ehefrau und der Kinder dorthin gebracht zu haben, wo sie später gefunden wurden.
Silke Wolf wurde von Spaziergängern verbrannt in einem Waldstück bei Zeven entdeckt, Fabian und Jana wurden einige Tage später nach Hinweisen des Vaters tot aus einem Hamburger Kanal geborgen.
Der Mann auf der Anklagebank ließ auch die Gutachter ratlos. Als es um die Frage der Schuldfähigkeit des 32jährigen ging, sagte einer der Sachverständigen: „Ich kann nicht in ihn hineingucken.“ Die Prozeßbeteiligten haben bisher nichts über Wolfs Motive herausgefunden. Für eine genauere Diagnose seines Seelenzustandes hätte Wolf aussagen müssen.
Rätselhaft blieb auch das Doppelleben des Angeklagten. So projizierte Wolf Prostituierten gegenüber sein Leben auf das eines angeblichen Zwillingsbruders. Vier Tage, bevor er seine Frau und Kinder als vermißt meldete, berichtete er Callgirls vom Verschwinden der Familie seines Zwillingbruders, einige Tage später vom Auffinden einer Leiche – genau in dem Wald, in dem später die tote Silke Wolf gefunden wurde. Er verschenkte ein Armband seiner Frau an eine Prostituierte – einen Tag nach der Vermißtenmeldung.
Die Urteilsverkündung wird für Donnerstag morgen im Landgericht erwartet. dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen